Seit 2021 arbeitet die österreichische Schweinebranche intensiv am Ausbau der Tierwohl-Schweinehaltung. Das Ziel: 1 Mio. Tierwohlschweine bis 2030. Ein Kernelement der Strategie ist die marktbasierte Weiterentwicklung, sprich der Ausbau von Qualitätsprogrammen mit besonders hohen Anforderungen im Bereich Tierhaltung.
Die einzigen Segmente, die in absoluten Zahlen trotz generellem Produktionsrückgang wachsen sind AMA-Gütesiegel „Mehr Tierwohl – Sehr Gut“, sowie Bio. Dies ist im Wesentlichen auf Initiativen großer Player entlang der Wertschöpfungskette – insbesondere im LEH – zurückzuführen. Der Schweinebörse Österreich zufolge habe beispielsweise der Rewe-Konzern durch sein Programm „Fair zum Tier“ eine starke Nachfrage nach Mastschweinen aus dem AMA-Gütesiegel-Modul „Mehr Tierwohl Sehr Gut“ (TW 100) generiert. Der Abschluss von 5-Jahres-Verträgen im Rahmen des Projekt habe vielen Betrieben eine Zukunftsperspektive in der Tierwohl- Schweinehaltung ermöglicht.
Dem Verband Österreichischer Schweinebauern (VÖS) zufolge sind im Jahr 2023 die Schlachtungen von Schweinen aus Bio- und Tierwohl-Qualitätsprogrammen gestiegen. Laut der Schweinebörse ist die Anzahl an Bio- und Tierwohlschweinen seit 2021 von 170.000 auf 227.00 um ein Drittel gestiegen.
Tierwohl-Module
Seit 2022 liegt das Platzangebot für AMA-Gütesiegel-Schweine 10 % über dem gesetzlichen Standard, mit einem Stufenplan zur weiteren Ausweitung auf 20 %. Außerdem sind der Einsatz von entwaldungsfreiem Soja, Stickstoffreduzierte Fütterung, die Teilnahme am Tiergesundheitsdienst, sowie ein Antibiotika-Monitoring verpflichtend. Zudem wurde das bestehende Modul „Mehr Tierwohl“ differenziert. Im Modul „Mehr Tierwohl – Gut“ (TW 60) sind 60 % mehr Platz und eine eingestreute Liegefläche vorgeschrieben. Zusätzlich wurde das Modul „Mehr Tierwohl – Sehr Gut“ (TW 100) eingeführt. Zu dessen Kriterien zählen ein doppeltes Platzangebot, tief eingestreute Liegeflächen, Zugang zu einem Außenbereich, gentechnikfreie europäische Futtermittel, Haltung unkupierter Tiere und Kastration unter Narkose.
Umstieg braucht Abnahmesicherheit und Nachfrage
Im Rahmen einer Pressekonferenz am 6. Februar 2024 in Wien stellte die Schweinebörse ihren „Tierwohlbericht 2023“ vor. Rupert Hagler, Obmann der Schweinebörse, meint: „Es gibt viele Schweinebauern, die sich einen Umstieg auf mehr Tierwohl vorstellen können. Dazu brauchen sie aber eine gesicherte Abnahme und Planbarkeit. Daher müssen alle Partner entlang der Wertschöpfungskette bis hin zu den Konsumenten mehr Tierwohl-Schweinefleisch nachfragen.“ Schon vor drei Jahren wurde im Ministerrat der naBe-Plan (Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung) beschlossen, der öffentlichen Küchen den Einkauf von Tierwohl-Schweinefleisch vorschreibt. Hagler kritisiert: „Bisher spüren wir keine gesteigerte Nachfrage. Wir fordern die öffentlichen Einrichtungen auf, den naBe-Plan konsequent umzusetzen!“ Geschäftsführer Johann Schlederer ergänzt: „Sowohl die investiven als auch die laufenden Kosten sind im Bereich Tierwohl deutlich höher. Es braucht daher eine Ausweitung der Förderinstrumente für Tierwohl-Betriebe, um zukunftsorientierte Landwirte zu unterstützen.“
Info
Verteilung der Schlachtungen in Österreich
Die gesamte österreichische Schweineproduktion ist mit insgesamt 4.341.000 untersuchten Schlachtungen (-5,7 %) rückläufig. Davon sind 2.064.000 Schlachtungen keinem Qualitätsprogramm zuzuordnen (Anteil: 47,5 %, Menge: -5,8 %).
In der Kategorie der Schlachtungen außerhalb von Qualitätsprogrammen wurden 1.594.000 Schweine in Österreich geboren, gemästet und geschlachtet (Anteil: 36,7 %, Menge: -6,8 %). Knapp 96.000 Schweine wurden im Ausland geboren, aber in Österreich gemästet und geschlachtet (Anteil: 2,2 %, Menge: -13,6 %). 374.000 Schweine wurden nur zur Schlachtung nach Österreich importiert (Anteil: 8,6 %, Menge: +1,6 %).
2023 waren 2.051.000 Schlachtungen der Basisstufe im AMA-Gütesiegel zuzuordnen (Anteil: 47,2 %, Menge: -7,2 %). Im Bereich der konventionellen Tierwohl-Schweinemast waren 101.000 Schlachtungen dem Modul „Mehr Tierwohl – Gut“ (Anteil: 2,3 %, Menge: -3,4 %), und 44.000 Schlachtungen dem Modul „Mehr Tierwohl – Sehr Gut“ (Anteil: 1 %, Menge: +120 %) zuzuordnen.
Im Bereich der biologischen Schweinehaltung wurden von Klassifizierungsdiensten 81.000 Schlachtungen (Anteil: 1,9 %, Menge: +4,7 %) erfasst. Aufgrund eines hohen Anteils an Direktvermarktung ist eine signifikante Anzahl von Bio-Schlachtungen hier nicht erfasst.
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