ForstWeg vom Baum!

Weg vom Baum!

Je näher am Baum, desto höher ist die Unfallgefahr.
Quelle: SVLFG

Bei Fällarbeiten mit der Motorsäge ereignen sich über zwei Drittel der tödlichen Unfälle im forstlichen Versichertenkreis der SVLFG. Von August 2018 bis August 2019 wurden daher die Forstunfälle gezielt untersucht, um so Informationen zur bestehenden und zur zukünftigen Präventionsarbeit zu bekommen. Die 459 Unfälle wurden mittels Fragebogen von den Präventionsmitarbeitern der SVLFG im Zuge ihrer Unfallermittlungen erfasst. Rund drei Viertel der Unfälle wurden in Bayern (48 %), Baden-Württemberg (23 %) und Nordrhein-Westfahlen (8 %) verzeichnet. Dies spiegelt auch die Besitz- und Betriebsstruktur in Deutschland wider. Die Sondererhebung umfasste Unternehmen der Landwirtschaft mit Wald (36 %), Privatwälder ohne Landwirtschaft (33 %), Kommunalwälder (20 %) und forsttechnische Dienstleister (10 %). Die Unfälle erlitten größtenteils die Unternehmer mit Waldbesitz (38 %) und mitarbeitende Familienangehörige (21 %). 30 Prozent der Unfälle betrafen Beschäftigte von Kommunen, forsttechnischen Dienstleistern sowie anderen versicherten Forstbetrieben. Diese Zahlen bestätigen einmal mehr das hohe Unfallgeschehen im Kleinprivatwald.

Fortschritt bei Schutzausrüstung

Was die Ausrüstung betrifft, sind entgegen den Erfahrungen in der Vergangenheit gravierende Mängel mittlerweile die Ausnahme. Lediglich bei 10 % der Unfälle wurde keine vollständige Persönliche Schutzausrüstung (PSA) getragen. Bei weiteren 10 % entsprach die getragene PSA nicht den Vorgaben bzw. war sie ungeeignet. Dies betraf überwiegend Sicherheitsschuhe ohne Schnittschutz, ablegereife Schnittschutzhosen und Helme. Dieses erfreuliche Ergebnis setzte sich beim Werkzeug fort: Keile, Äxte bzw. Spalthammer und Wendehilfen waren fast immer – zu 80 bis 90 % – mit dabei. Auch die Motorsägen waren zum großen Teil neueren Baujahrs. Fast zwei Drittel waren jünger als fünf Jahre und „nur“ 15 % waren älter als zehn Jahre.
Bereits mehr als zehn Jahre Erfahrung im Umgang mit der Motorsäge zu haben gaben über 70 % der Verletzten an. Motorsägenlehrgänge hatten 88 % der Verunfallten absolviert. Jedoch handelte es sich hierbei in über der Hälfte der Fälle, nämlich 54 Prozent, um ein- bis zweitägige Lehrgänge, also um eine vergleichsweise begrenzte Qualifikation. Bei den versicherten Beschäftigten sind gelernte Forstwirte mit 86 % vertreten. Insgesamt lag die letzte Qualifizierung bei rund 40 % von ihnen weiter als zehn Jahre zurück. Insbesondere im Privatwald sind – abgesehen von den gelernten Forstwirten – der Umfang und das Datum der letzten Qualifikation an der Motorsäge verbesserungswürdig.

Zu nah am Baum

Untersucht man die Unfälle genauer auf ihre Gemeinsamkeiten, ist festzustellen, dass „unkontrolliert bewegte Baumteile“ die typischen unfallverursachenden Gegenstände bei der motormanuellen Fällung sind. Im Zeitraum der Sondererhebung wurde in 80 % der Unfälle die verletzte Person vom Baum oder von Teilen davon getroffen. Die restlichen 20 % waren Sturzunfälle oder standen im direkten Zusammenhang mit der Motorsäge und den Werkzeugen. Hinsichtlich der Bäume zeigte sich, dass jeweils zur Hälfte Nadel- und Laubholz bei den Unfällen vertreten war. 45 % von ihnen waren gesund, 34 % hingegen geschädigt oder abgestorben und 21 % war Käferholz.
Betrachtet man den Unfallort, ist die Nähe zum Baum auffällig. 76 % der Unfälle ereigneten sich im Abstand von unter sechs Metern zum zu fällenden Baum. In diesem Nahbereich um den Baum wurde der Motorsägenführer vom Stamm, vom zurückschleudernden oder nachfallenden Ast oder von einem herabfallenden Ast oder Kronenteil verletzt. Hiervon waren die in ihrem Wald arbeitenden Unternehmer gleichermaßen betroffen wie die ausgebildeten Forstwirte. Wenn es bei der motormanuellen Fällarbeit zu einem Unfall kommt, dann mit hoher Wahrscheinlichkeit hier. Dabei kommen Mängel bei der fachlichen, handwerklichen Arbeitsweise zum Tragen, die zum Kontrollverlust über den Baum führen, was zur Folge hat:

  • Aufreißen des Stammes
  • Abrutschen, Abdrehen vom Stock
  • Herumschlagen, vorzeitiger sowie unkontrollierter Fall des Baumes

Das Ausblenden dieser Unfallrisiken im Laufe der Zeit durch die fehlende Unfallerfahrung zeigt sich in:

  • Schneiden, wenn der Baum bereits fällt
  • zu geringem Rückweichen, wenn der Baum fällt
  • Einsatz von Schlagkeilen bei geschädigten Bäumen

Unfälle verhüten

Arbeiten an forsttechnische Dienstleistungsunternehmen zu vergeben oder forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen beizutreten sowie Maßnahmen zum Beispiel über Waldpflegeverträge zu vergeben, verhütet Unfälle im Privatwald. Dies ist am wirksamsten, denn die notwendige Übungsschwelle lässt sich beim Arbeiten in Eigenregie aufgrund des geringen Umfanges kaum erreichen. Die Wirkung eines Motorsägenlehrgangs droht schnell zu verpuffen. Ungeachtet dessen ist für die motormanuelle Fällung eine Schulung im Umgang mit der Motorsäge und insbesondere zur Sicherheitsfälltechnik und der seilwindenunterstützten Fällung Dreh- und Angelpunkt für eine sichere Fällarbeit. Beide Verfahren, sofern fachgerecht praktiziert, erlauben den erforderlichen Abstand zum zu fällenden Baum.

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