Ein Interview von Roman GOLDBERGER, LANDWIRT Redakteur
LANDWIRT: Sie haben Anfang dieses Jahres Ihre Vorschläge zur neuen GAP veröffentlicht. Werden Rebellen überhaupt von den Entscheidungsträgern gehört?
Karl Keplinger: Wir sind keine Rebellen, wie sind die Normalität. In ganz Europa werden Bauern von unabhängigen Bauernverbänden vertreten. Das wollen auch wir in Österreich, denn eine Vorfeldorganisation einer Partei ist als Vertretung der Bauern zu wenig. Sie ist gebunden an die Partei und die Partei will Wahlen gewinnen und nicht Bauern vertreten.
Auf der anderen Seite fehlt dem Unabhängigen Bauerverband der direkte Draht zum agrarpolitischen Machtapparat. Das ist ein Nachteil.
Das sehe ich genau umgekehrt. Die agrarpolitischen Vorfeldorganisationen von Parteien fordern nicht, was notwendig wäre für die Bauern, sondern nur das, was die Partei erlaubt. Wir hingegen sprechen an, was die Bauern wirklich brauchen. Bei der GAP zum Beispiel brauchen wir zusätzlich drei Milliarden Euro. Umsetzen muss es natürlich die Politik. Wir haben die Ideen und die anderen die Macht.
Zurück zur Einstiegsfrage: Werden Sie gehört?
Ja! Wir sind im Austausch mit Agrarkommissar Phil Hogan, mit dem bayerischen und deutschen Bauernverband und auch mit dem polnischen Bauernverband. In die EU-Kommission sowie zu EU-Parlamentariern haben wir gute Kontakte und ab Herbst wollen wir Teil der Copa (Anm. Red.: europäische Interessensvertretung der Bauern) werden. In Österreich muss sich der Bauernbund erst ein wenig an uns gewöhnen, aber das schaffen die schon (schmunzelt).
Eine zentrale Forderung Ihres Vorschlags ist die Bezahlung der Bauern für das Kulturland.
Genau, die Bauern erzeugen zwei Produkte mit einem Alleinstellungsmerkmal. Das sind zum einen Lebensmittel und zum anderen ist das Kulturland. Für beide Produkte werden wir Bauern derzeit nicht ausreichend bezahlt. Daher fordern wir eine Bezahlung für die Bereitstellung einer intakten Kulturlandschaft. Der Tourismus profitiert davon in vielen Regionen, die Kommunen profitieren ebenfalls, wenn Familien aufs Land ziehen. Das bringt Arbeitsplätze und stärkt das soziale Leben.
Sie fordern eine Abgeltung von 900 Euro pro Hektar. Machen Sie hier den Landwirten nicht falsche Hoffnungen? Die EU-Kommission wird das nicht zulassen.
Unsere Aufgabe ist es nicht, für die Politik zu denken. Unsere Aufgabe ist es, die Bauern zu vertreten. Das unterscheidet uns von den Vorfeldorganisationen der Parteien. Wir wollen, dass die Verluste, die uns Landwirten mit den Handelsabkommen entstehen, abgegolten werden. Damit wir unsere Familienbetriebe erhalten können, brauchen diese das zwei- bis dreifache Einkommen. Daher wollen wir neben der Flächenprämie den Fokus klar auf Tierprämien legen. Mutterkuhhalter brauchen dringend wieder eine Prämie und auch Tierwohl sollte stärker entlohnt werden.
Ihrem Vorschlag zufolge bräuchte die österreichische Landwirtschaft insgesamt um drei Milliarden Euro mehr. Das ist angesichts eines schrumpfenden EU-Haushalts unrealistisch.
Wir fordern die Einhaltung des Versprechens, das uns vor dem EU-Beitritt gegeben wurde. Damals wurde uns versprochen, dass etwaige Ausfälle aufgrund des internationalen Agrarhandels ausgeglichen werden. Davon sind wir heute schon weit entfernt. Wäre zum Beispiel die Basisprämie der Direktzahlungen an die Inflation angeglichen, so würde sie heute mehr als 500 Euro betragen. Wenn wir ein rasantes Bauernsterben vermeiden wollen, muss die Politik handeln. Die nächste Generation an Landwirten wird nicht mehr um weniger als zehn Euro pro Stunde arbeiten.
Schon jetzt profitieren Verpächter vom Hektarsatz-System. Ihr Vorschlag wird somit zum Schlaraffenland für Verpächter.
Es stimmt, dass das reine Flächenzahlungssystem hinkt.
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