InternationalBauer sein im Ausland: Landwirte wandern aus

Bauer sein im Ausland: Landwirte wandern aus

Jan-Udo Sparenborg arbeitet als Betriebsleiter auf einem großen landwirtschaftlichen Betrieb eines deutschen Investoren.
Quelle: Jacob

Auf dem betonierten Hof ist Getreide aufgeschüttet. Es herrscht ein geschäftiges Treiben aus Lkw, Traktoren und Mitarbeitern. Kaum ist Jan-Udo Sparenborg aus dem Auto ausgestiegen, kommen mehrere Mitarbeiter auf den jungen deutschen Betriebsleiter zu, denn es gibt einiges zu besprechen. Immer wieder klingelt auch sein Handy. Sparenborg spricht Deutsch, mit seinen Beschäftigten Litauisch, am Handy auch einmal Englisch. Er ist also dreisprachig? „Nein, viersprachig“, lacht er, seine Muttersprache sei Plattdeutsch. Obwohl es für ihn sichtlich sehr viel zu tun gibt an diesem frühen Mittwochnachmittag Anfang September, lässt er es sich nicht nehmen, mich über den Hof zu führen. Stolz zeigt er auf die Silos mit einem Fassungsvermögen von je 1.600 Tonnen Getreide, insgesamt 12.000 Tonnen, und dann auf die neue Lagerhalle mit einer Kapazität von 5.000 Tonnen, die erst vor einem Monat fertig geworden und schon mit 4.000 Tonnen Weizen befüllt ist. In jedes Gebäude, in jede Halle werfen wir einen Blick und überall ist es aufgeräumt und ordentlich. Einige der Bauten waren Teil einer Kolchose. Der Nachbar hat auch ein paar der Gebäude übernommen, die stehen jedoch noch genauso grau und hässlich da, wie zu Zeiten des Kommunismus.  

Mit litauischer Frau und Sohn Hubertus lebt Jan-Udo Sparenborg in einem Bungalow auf dem Betriebsgelände.
Quelle: Jacob

3.600 Hektar großer Betrieb

Flache, weite Felder ohne Ende. Litauen, der südlichste der drei baltischen Staaten, ist historisch ein Agrarland und ein Traum jedes Ackerbauern. Bei Übernahme des Betriebs im Jahr 2008 betrug die landwirtschaftlich genutzte Fläche 2.500 Hektar. Es wurden Winterweizen, Wintergerste und Sommerraps angebaut. Heute verfügt der Betrieb über eine Fläche von 3.600 Hektar, die im Umkreis von bis zu 15 Kilometer liegen. Jan-Udo Sparenborg ist Betriebsleiter, außerdem beschäftigt sind neun Vollzeitarbeitskräfte, vier Nachtwächter und zwei Buchhalterinnen. Für die Ernte und Bestellung im August und September kommen drei Praktikanten aus Deutschland dazu. Die Schläge sind zwischen drei und 250 Hektar groß, ein Drittel davon ist gepachtet. Die Pachtflächen stammen von rund 100 Verpächtern. Einmal im Jahr wird die Pacht ganz unkompliziert per Dauerauftrag an diese überwiesen. Im Anbauplan stehen Winterweizen, Wintergerste, Winterraps, Ackerbohnen, Zuckerrüben sowie Sommergerste und Sommerweizen. Es handelt sich also um eine Fruchtfolge, die gut an die kurze Vegetationsperiode in Litauen angepasst ist. Die Deadline für die Herbstbestellung setzt sich Jan-Udo Sparenborg für den 1. Oktober. „Was dann nicht im Boden ist, wird nichts mehr“, sagt er. Bereits ab Ende September fielen die Temperaturen stark ab, im Oktober gebe es die ersten Nachtfröste und im Winter könne es tageweise bis minus 20 °C kalt sein. „Damit die Pflanzen das überleben, brauchen sie eine geschlossene Schneedecke“, erklärt Sparenborg. „Wegen des engen Zeitfensters bei Anbau und Entwicklung der Kulturen, muss man hier schlagkräftiger sein. Für Ernte und Bestellung stehen nur rund acht Wochen zu Verfügung, vom 1. August bis zum 30. September.“

Herausforderung Trockenheit

Die durchschnittliche Niederschlagsmenge liegt bei 650 Millimeter pro Jahr, die sich jedoch ungleichmäßig auf das Jahr verteilt. Eine der größten Herausforderungen, wie er sagt, seien Trockenperioden zwischen April und Juni. Im Juli wurden die Temperaturen zeitweilig auf über 30 °C steigen. „2021 war so ein Jahr, da hatten wir während der gesamten Ernte über 36 °C und innerhalb einer Woche Notreife“, berichtet er. Etwas Besonderes seien die langen Tage während der Mittsommerzeit. Die Sonne geht dann erst um Mitternacht unter und drei Stunden später bereits wieder auf. Dafür seien die Wintertage sehr kurz und dunkel. Die Boden lagen in einem Endmoranengebiet. „Lehmiger Sand, sandiger Lehm, mit zwischen 40 und 45 Bodenpunkten und sind sie eigentlich ganz gut“, betont er. Doch ein Problem seien die vielen Steine. „Wir haben jedes Jahr zehn Saisonarbeitskräfte, die lesen zwei Monate im Frühjahr und zwei Monate im Herbst nur Steine von den Boden.“

Auswanderer im Portrait

Entschlossen, furchtlos, abenteuerlustig, manchmal auch etwas naiv sind sie fortgezogen, um sich und ihren Familien in einem anderen Land eine neue landwirtschaftliche Existenz aufzubauen. Ein Buch für alle, die sich für das Leben als Landwirt im Ausland interessieren, für den so wichtigen wie spannenden Blick über den Tellerrand.

Gekommen, um zu ackern

Landwirtschaftliche Auswanderer im Portrait – Europa

2024, 248 Seiten, 17 x 24 cm,

Hardcover, durchgehend farbig, mit zahlreichen Abbildungen

ISBN 978-3-86263-201-5

24 Euro

Erhältlich beim Verlag:

ERLING Verlag GmbH & Co. KG

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