AckerbauPflanzenschutzGeht es ohne Pflanzenschutzmittel?

Geht es ohne Pflanzenschutzmittel?

Quelle: Paar

Niemals zuvor haben auf unserem Planeten so viele Menschen so gut gelebt wie heute. An diesem Umstand hat der Fortschritt der Landwirtschaft einen erheblichen Anteil. War 1960 von drei Milliarden Menschen jeder Dritte unzureichend mit Nahrungsmitteln versorgt, ist es heute bei acht Milliarden Menschen noch jeder Elfte. Die Steigerungen in unserer Lebensmittelproduktion beruhen auf vier Technologiesäulen:

  • Sortengenetik
  • Nährstoffversorgung
  • Anbau- und Erntetechnik
  • chemischer Pflanzenschutz

In diesem Artikel erwartet Sie noch:

  • Folgen des Verzichts
  • Verluste der Biodiversität

Kommentare

1 Kommentar

Ich bin Bio-Ackerbauer und beim Lesen dieses Artikels stellte sich mir unweigerlich die Frage, ob der Beitrag von Pflanzenschutzmittelherstellern gesponsert ist? Vom Landwirt bin eigentlich besseres gewöhnt.
Zum Thema “Keine Alternativen”:
Obwohl z.B. bei uns in Österreich mehr als 40% der Lebensmittel im Müll landen (siehe https://science.orf.at/stories/3218616/), weil anscheinend Lebensmittel viel zu günstig und also nichts wert sind, kommt immer wieder das Argument, dass man mit Bio bzw. durch Reduktion von synthetischen PSM die Bevölkerung nicht ernähren könne. Wenn wir weniger produzieren würden, hätte das vielleicht zur Folge, dass Lebensmittel wieder mehr wert, also kostbarer werden, die Erzeugerpreise steigen würden und weniger Lebensmittel im Müll landen. Auch wenn viele Konsumenten jammern, im Vergleich zu den 50er Jahren, wo Haushalte um die 50% ihres Einkommens für Lebensmittel ausgegeben haben, sind es heutzutage nur mehr um die 10% (sieh https://www.oesterreich-isst-informiert.at/industrie/lebensmittelkonsum-so-isst-oesterreich/). D.h. selbst wenn sich die Lebensmittelpreise verdoppeln würden, würden die Konsumenten nur 20% ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben.

Die Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte sind viel zu niedrig, ich denke da sind sich alle Landwirte einig. Trotzdem findet in der Landwirtschaft seit Jahrzehnten der sogenannte Strukturwandel statt: hin zu größeren, intensiver wirtschaftenden Betrieben, die möglichst immer höhere Erträge erwirtschaften sollen ohne Rücksicht auf Verluste (von z.B. Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität,…). Kurz: Lebensmittel sind nichts wert, weil es offensichtlich mehr als genug davon gibt und die Landwirte reagieren darauf, indem sie die Produktion immer weiter erhöhen anstatt auf weniger Masse und dafür mehr Qualität zu setzen und nebenbei durch weniger intensive Produktionsmethoden die Umwelt und die Biodiversität zu schonen.

Ich halte auch nichts davon, dass wir durch Exporte von landwirtschaftlichen Gütern weis Gott wohin (Milchprodukte nach China, gefrorene Schweinshaxen werden in Afrika “entsorgt”, …) die Welt ernähren sollen, wobei dann vielerorts die dort ansässige Bauernschaft zur Aufgabe gezwungen wird, weil wir ihren Markt mit billigen Lebensmitteln überschwemmen, bzw. jenen Teilen davon, die für uns zu schlecht sind (Schweinshaxen, Suppenhühner, …) aber durch die Massenproduktion in Massen anfallen. Die Produktion der Grundnahrungsmittel sollte meiner Meinung nach überall auf der Welt regional passieren! Dadurch würde die Welternährung viel resilienter und ein Krieg in der tausende km entfernten Ukraine würde nicht Hungersnöte in Afrika auslösen.

Aber zurück zu dem Artikel: Die Aussage “Die EU begründet die Einschränkungen im Pflanzenschutz mit dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher, der Anwender und der Natur. Diese Begründungen sind aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar.” finde ich äußerst gewagt. Offensichtlich kennt der Author mit absoluter Sicherheit alle Auswirkungen, auch die langfristigen, von PSM auf die sehr komplexen Ökosysteme. Ich denke solche Behauptungen hat es in der Geschichte schon öfter gegeben und haben sich dann später als nicht richtig heraus gestellt. Ich kann da nur auf die ARTE-Dokumentation “Insektenkiller – Wie Chemieriesen unser Ökosystem zerstören” hinweisen. Offensichtlich sind also alle darin vorkommenden Wissenschaftlich Lügner und Betrüger …

Zum integrierten Pflanzenschutz und Schadschwellen kann ich als Landwirt, der auch viele andere Landwirte kennt, auch konventionelle, nur sagen, dass dies nur in der Theorie funktioniert. Vorallem je größer die Betriebe sind. Ein Betrieb mit mehreren hundert ha wird kaum in der Lage sein seine ganze Fläche ständig auf das Auftreten von Schaderregern zu kontrollieren und noch dazu Abstufungen in der Anzahl des Aufkommens treffen können noch dazu genau sagen zu können, ob sich die Population des Schaderregers in naher Zukunft in Grenzen halten wird oder nicht. Nein, in der Praxis werden PSM meist bei Sichtung des ersten Schaderregers oder sogar prophylaktisch angewendet.

Das das vermehrte Auftreten von Schaderregern eventuell auch mit falscher Düngung (Stichwort Nitratdüngung) oder schlechter Bodenstruktur und somit ungesunden und anfälligen Pflanzen zusammenhängen kann ist auch schon länger bekannt. Ich kann ihnen dazu nur empfehlen sich mit dem Thema regenerative Landwirtschaft, oder mit den Erkenntnissen des Vereins Bodenleben auseinander zu setzen.

Zu der Aussage “Durch den Verzicht auf chemischen Pflanzenschutz nehmen die mechanische Bodenbearbeitung und damit negative Effekte für Bodenleben und Erosionsschutz zu. ” kann ich nur sagen, dass die meisten konventionellen Betriebe in meiner Gegend nach wie vor pflügen, also intensive Bodenbearbeitung machen. Bio-Betriebe, vor allem Bio-Ackerbauern setzen sich oft intensiver mit dem Thema Bodenfruchtbarkeit auseinander, da es für sie nicht so viele Möglichkeiten gibt Symptombekämpfung zu betreiben wie bei ihren konventionellen Kollegen und deshalb Ursachenbekämpfung im Vordergrund steht. Und ich denke es gibt schon eine Reihe innovativer Bio-Ackerbauern die weit weniger Bodenbearbeitung machen als viele konventionelle Kollegen. Sehen sie sich dafür einfach einmal in den Reihen der Humusbewegung (https://humusbewegung.at/) oder des Vereins Bodenleben (https://www.bodenistleben.at/) um.
Und wie gesagt, ein Produktionsrückgang von 20%, wenn 40% der Lebensmittel im Müll landen, wäre vielleicht gar nicht so negativ.

Abschließend kann ich nur wiederholen, dass sich dieser Artikel für mich so liest, als wäre er von einer Pflanzenschutzmittelfirma verfasst worden und ich mir von der Zeitschrift Landwirt eigentlich besseres erwarten würde…

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