Tierwohlställe liegen gerade voll im Trend. Die Motivation, einen Tierwohlstall zu errichten, liegt einerseits darin, ein höheres Einkommen zu erwirtschaften. Andererseits ist es vielen jungen Landwirten wichtig, dass die Schweineproduktion ein besseres Image erhält. Wir Tierärzte werden oft gefragt, wie es mit der Tiergesundheit in einem Tierwohlstall aussieht. Eine pauschale Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Hier einige Aspekte, um etwas Klarheit in dieser Angelegenheit zu schaffen.
Worauf es ankommt
Zwei Faktoren sind wesentlich: Der Gesundheitsstatus der Ferkel einerseits und die Art und Qualität des Stalles andererseits. In der Planungsphase ist es ratsam, sich viele Ställe anzuschauen, um sich einen Überblick über die Varianten von Tierwohlställen zu verschaffen. Ehrliche Gespräche mit Berufskollegen geben oft Aufschluss über Vor- und Nachteile eines bestimmten Systems. Für Tierwohlställe spricht, dass die Tiere mehr Platz und viel frische Luft haben. Dadurch kann der Erregerdruck gesenkt und die Belastung durch Schadgase reduziert werden. Auf der anderen Seite muss das gewählte System aber halbwegs gewährleisten, dass die Schweine nicht auf die Liegefläche koten. Wenn das der Fall ist, steigt die Schadgaskonzentration stark an und die Schleimhäute werden geschädigt. Das begünstigt wiederum Atemwegserkrankungen. Unserer Erfahrung nach haben sich Pigport-Ställe in der Praxis als sehr funktionell erwiesen. Es gibt aber natürlich auch andere Stallsysteme, die funktionieren. Bei vielen Systemen koten die Schweine vor allem im Sommer vermehrt auf die Liegeflächen. Das sorgt beim Landwirt für Frust, weil er dann zweimal täglich den Kot von der Liegefläche schieben muss. Ein weiterer Nachteil im Tierwohlstall ist die verstärkte Staubbelastung durch die Einstreu sowie eine fehlende Luftabsaugung. Der Staub schädigt die Schleimhaut der Atemwege und der Lidbindehäute, was vermehrt zu Bindehautentzündungen führen kann. Der Stall muss deshalb quer zur Hauptwindrichtung ausgerichtet werden. Bei stärkerem Wind werden die Windschutzklappen kurz geöffnet und der Wind bläst den Staub aus dem Stall. Der Stall ist dann wieder nahezu staubfrei.
Meist nur eine Kammer
Die meisten Tierwohlställe sind als Einkammersystem ausgelegt. Die bewährte Trennung der Altersgruppen findet hier nicht statt. Wenn nun Ferkel mit Atemwegserkrankungen nachgestellt werden, infizieren sie die älteren Schweine im Bestand. Umgekehrt können gesunde Ferkel durch Krankheitserreger der älteren Schweine krank werden. Dies kann dazu führen, dass nicht nur eine Altersgruppe mit einem Antibiotikum behandelt werden muss, sondern der ganze Bestand. Es ist deshalb wichtig, dass man mit den Herkunftsbetrieben in Kontakt steht und dort schon eine gute Diagnostik betreibt. Der Idealfall wäre natürlich, nur eine Ferkelherkunft zu haben. Dies ist aber oft nicht möglich, weil die Betriebsgrößen nicht zusammenpassen. Eine gute Zusammenarbeit mit den Betriebsleitern und Betreuungstierärzten ist Voraussetzung, um gesunde Ferkel zu bekommen.
Was der Artikel noch bereithält:
- Häufige Erkrankungen im Tierwohlstall
- Schwanzbeißen trotz Einstreu und mehr Platz
- Der richtige Standort und Stallklima
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