Nutztierwissenschaftlerinnen der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) haben in Kooperation mit dem oberösterreichischen Fleischverarbeiter Hütthaler, der Firma Multikraft sowie der Vetmeduni Vienna die Wirkung eines fermentierten Kräuterextraktes (FKE) auf die Tiergesundheit und das Verhalten von Aufzuchtferkeln und Mastschweinen untersucht*. Die abgesetzten Ferkel wurden teilweise in konventionellen Flatdecks aufgezogen und anschließend in Ställen mit mehr Platz, Einstreu und Auslauf gemästet. Die Tiere wurden auf drei Betrieben ab dem Absetzen in eine Versuchsgruppe mit und eine Kontrollgruppe ohne FKE-Fütterung aufgeteilt und bis zum Schlachten begleitet. Die Forscherinnen beobachteten deren Verhalten und erhoben klinische Daten wie Schwanzlängen und -verletzungen, Husten und Durchfall ohne die Zuteilung der Gruppen zu kennen.
Das überraschende Ergebnis: Während durchschnittlich ca. 74 % der Mastschweine der Kontrolle verkürzte Schwänze aufwiesen, waren in der FKE-Gruppe nur zirka 5 % der Tiere von Gewebeverlust betroffen. Auch hinsichtlich Atemwegserkrankungen zeigte sich ein positiver Effekt der Kräuterfermente. Die Studie legt nahe, dass die Optimierung der Haltungsbedingungen und Beschäftigungsmaterial nicht die einzigen Hebel sind, um das Risiko für Schwanzbeißen zu reduzieren. Ein intaktes Darmmikrobiom kann den Studienergebnissen zufolge entscheidend mitwirken.
Wir haben mit Christine Leeb und Natalia Nöllenburg vom Institut für Nutztierwissenschaften der BOKU über die Erkenntnisse aus der Studie sowie den steinigen Weg zum Kupierverzicht gesprochen.
LANDWIRT: Sie haben den Einfluss eines fermentierten Kräuterextrakts auf Ferkel und Mastschweine untersucht. Erzählen Sie uns vom Versuch.
Natalia NÖLLENBURG: Unsere Studienhypothese war, dass es einen Einfluss der Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse auf das Verhalten und die Gesundheit von Schweinen geben könnte. Im Prinzip ist unser Darm ein riesengroßes Nervensystem, das mit dem Gehirn etwa über Nervenbahnen, Hormone und Fettsäuren in Verbindung steht. Die Zusammensetzung der Darmbakterien mischt auch mit. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass das Mikrobiom depressiver Menschen anders aussieht als das von gesunden.
Was der Artikel noch bereithält:
Schwanzbeißen beginnt lange vor der Mast
Darum gibt es nach wie vor kein Patentrezept gegen Schwanzbeißen
Nötige Schritte auf dem Weg zum Kupierverzicht
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