„Unser Schweinemastbetrieb steht in einer kleinen steirischen Gemeinde mit ca. 160 Häusern, davon sind mit uns vier landwirtschaftliche Betriebe im Nebenerwerb. Einige unserer Nachbarn, welche bis vor Kurzem selbst noch als Landwirte tätig waren, haben nun nach und nach die Stalltüren geschlossen und fordern unter massivem Druck auch uns dazu auf. Vorgeworfen wird uns Lärmund Geruchsbelästigung. Sämtliche Nachbarn waren zur Zeit der Sanierung bei den Bauverhandlungen dabei. Wir haben 400 Mastplätze und 200 Ferkelaufzuchtplätze. Mein Mann und ich sind nun enormer psychischer Belastung ausgesetzt und nahezu am Ende. Unsere Frage ist: Wie lange müssen sich die bäuerlichen Kleinund Mittelbetriebe dieses Prozedere noch gefallen lassen, ehe unsere Interessensvertreter angemessen und mit ehrlicher Wertschätzung reagieren. Ansonsten werden die meisten alteingesessenen bäuerlichen Familienbetriebe im Dorfgebiet gezwungen sein, ihre Tätigkeiten einzustellen. Wie so viele fühlen wir uns im Stich gelassen.“
Schreibt mir Anneliese K.
Mit der Raumordnung (RO) ist es wie mit der Gesundheit – solange sie funktioniert, wird sie nicht bemerkt. Der Grundfehler der österreichischen Raumordnung liegt wohl darin, dass die Bauund Raumordnungsgesetze von den Bundesländern gemacht werden: Neunmal dasselbe und doch im Detail anders. Der wesentliche Teil – die Flächenwidmungspläne (Konkretisierung der Raumordnung) – wird aber von jeder einzelnen Gemeinde beschlossen. Das führt zu Verzerrungen innerhalb der verschiedenen Wohnund Nutzungsinteressen.
In Deutschland ist das Raumordnungsgesetz ein Bundesgesetz. Die Konkretisierung der RO erfolgt nicht in der Gemeinde, sondern in der Regionalplanung. Sie steht zwischen der gesamtstaatlichen Landesentwicklung und der kommunalen Gemeindeentwicklung. Im Außenbereich (nicht dörflich) sind landwirtschaftliche Bauten privilegiert.
Alle sind überfordert
Die Bürgermeister als Baubehörde, die Bausachverständigen der Gemeinde, die Gemeinderäte, die Raumplaner, die Behörden des Landes, die Interessensvertreter bis hinauf zum Landtag als Gesetzgeber inklusive des zuständigen Landesrats als politisch Verantwortlichem. Vieles in der RO ist unklar, schwammig formuliert und mit zu viel Interpretationsspielraum. Einzig den Sachverständigen und den Rechtsanwälten öffnet sich ein breites Betätigungsfeld. Auszubaden und zu bezahlen haben das die betroffenen Landwirte.
Zum konkreten Fall schreibt mir die zuständige Behörde des Landes Steiermark: „Bei dieser Fragestellung handelt es sich um eine höchst politische, die auf der Ebene der Verwaltung nicht geklärt werden kann. Darüber hinaus gibt es auch keinen einheitlichen politischen Willen, diese Thematik in die eine oder andere Richtung zu lösen. Der Landtag Steiermark hat mit der entsprechenden Mehrheit im Jahr 2010 das Steiermärkische Raumordnungsgesetz beschlossen und darin auch eine spezielle Regelung für Tierhaltungsbetriebe vorgesehen. Mit einer Novelle im Jahre 2011 wurde über eine Landtagsinitiative die Regelung aufgenommen, dass Tierhaltungsbetriebe ab einer bestimmten Anzahl von Tieren nur im Rahmen einer festgelegten Sondernutzung zulässig sind.“
Der zuständige Landesrat Hans Seitinger antwortet mir dazu Folgendes: „Geruchsbelästigungen im Zusammenhang mit der Schweineund Geflügelhaltung stellen oft ein wesentliches gesellschaftliches Problem dar. Wir sind derzeit gerade dabei, eine wissenschaftliche Praxisstudie zu initiieren, um in den Bereichen Fütterungs-, Lüftungsund Filtersysteme Lösungen für die Zukunft zu finden. Hinsichtlich der Raumordnung gilt es, gemeinsam Lösungen für die Zukunft zu finden, mit denen für die bäuerlichen Betriebe vor allem im Freiland und in Randlagen Rechtssicherheit und Entwicklungsmöglichkeiten geschaffen werden.“
Nach einer grundlegenden Lösung des Problems sieht das nicht aus. Bleibt die Frage, was konkret dürfen sich die Betroffenen wie Fam. K. erwarten?
Sie wollen uns ihre Meinung zum Thema sagen? Schreiben Sie uns:
hans.meister@landwirt-media.com, Tel.: 0316/821636-145, Fax: DW 151
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