„Bio“ ist zu einem Handelsbegriff geworden. Damit lässt sich vieles besser verkaufen. Kaum etwas, das nicht als „bio“ angepriesen wird: von Matratzen, über Unterwäsche bis zu Seifen und Baustoffen. Auch die Biolandwirtschaft wird gefeiert. Zu Recht. Die Absatz- und Verkaufszahlen im Lebensmittelsektor geben Anlass zur Freude und stimmen optimistisch für die Zukunft.
Hat also die biologische Landwirtschaft alles richtig gemacht? Alles richtig macht man nie. Der größte Fehler ist, keine eigene, große Biomarke aufgebaut und in den Handel gebracht zu haben. Damit wurde eine einmalige Chance vertan. Das gelang auch deshalb nicht, weil jeder der Bioverbände, vor Gründung von „Bio Austria“, seine eigenen Vorstellungen von ökologischer Landwirtschaft hatte. Man schraubte an den Vorschriften für die eigenen Erzeuger, während sich der Handel seine eigenen Handelsmarken aufbaute und dann selbst seine Regeln dazu aufstellte. Heute läuft der Großteil des Bio-Geschäftes über die Eigenmarken des Lebensmittelhandels. Der gegenseitige Preiskampf spielt dabei eine wichtige Rolle, das belebt den Ab- und Umsatz, bedeutet aber nicht zwingend, dass auch der Biobauer davon profitiert. Für den Lebensmittelhandel ist Bio der wichtigste Umsatzbringer und Image-Verbesserer. So ist die Biolandwirtschaft inzwischen eingeklemmt zwischen Bio-Vorgaben wie der EU-Bioverordnung, den jeweiligen Verbandsspielregeln und dem Handelsmarkendiktat. Dazwischen kontrollieren die AMA (AgrarMarktAustria), die Biokontrollverbände und der Handel – und zum Unterschied zu jedem Installateur, der für seine Arbeit und sein Produkt zuerst ein Preisanbot legt, wartet wieder jeder Biolandwirt auf den Preis, den ihm der Handel vorgibt.
Also alles beim Alten. Die Bio-Landwirte organisiert, eine unübersichtliche Zahl an Bio-Labels und Bio-Siegeln, die mehr verwirren, als sie erklären. Und ja natürlich, die Handelsketten mit ihren Eigenmarken als eigentlichen Entscheidungs- und Machtzentren.
Die Marke „Bio“ ist attraktiv. Sowohl für Handel, als auch für Verbraucher und Erzeuger. Deshalb ist auch die Einstiegsbereitschaft in die Biolandwirtschaft ungebrochen. Obschon – auch das darf man nicht verschweigen – gar nicht so wenige wieder aussteigen. Aber je mehr Landwirte auf Bio umsatteln, desto größer wird auch die Gefahr, dass das Anlieferangebot zum Überangebot wird, mit entsprechenden Regelverschärfungen und preislichen Konsequenzen.
Für mich zumindest klingt es eigenartig, dass die mengenmäßig meisten Biowaren inzwischen nicht von den kleinen und mittleren Höfen geliefert werden, sondern immer mehr von großen Betrieben kommen. Damit zeichnet sich auch im Biobereich die gleiche Reiseroute wie in der konventionellen Landwirtschaft ab: groß, größer, billig, billiger, am billigsten.
Haben wir irgendetwas aus der Vergangenheit gelernt? Wird Bio das neue Konventionelle? Ich argwöhne, wir stehen mit dem Hoffnungsträger Bio womöglich in derselben Fahrspur, an der schon viele konventionelle Höfe aus der Kurve geflogen sind.
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