Die Welt der Werbung und des Marketings folgt eigenen Gesetzen und hat ihre eigenen Regeln. Im Marketing geht es um das Erreichen von Aufmerksamkeit, um die Schaffung von Gefühlen und einer emotionalen Affinität zu einem Produkt. Wer in dieser Branche wahrgenommen werden will, muss das Ungewöhnliche zeigen, muss überzeichnen und laut und schrill sein. Marketing bedeutet Bilder im Kopf.
Im österreichischen Fernsehen läuft seit Jahren ein äußerst erfolgreicher Werbespot zum Thema Bio. Der Film zeigt nach dem Vorbild des Schweinchens Babe ein Ferkel, das mit seinem Bauern und seiner Umgebung spricht. Herzig, lieb, frech und schön anzuschauen. Der Obmann der Österreichischen Jungbauern, Stefan Kast, meinte dazu: „Das sprechende Schweinderl ist eine der größten Niederlagen für die Landwirte.“ Mit dieser mutigen Ansage machte er sich nicht nur Freunde. Damit bringt er einen Unmut zum Ausdruck, den vor allem junge Bauern zunehmend, gegen eine verzerrte Darstellung der Landwirtschaft in den Medien, verspüren. Es ist dieses Pendeln zwischen bäuerlicher Idylle, Streichelzoo, Giftmischerei und gemeiner Tierquälerei. Es sind diese überzeichneten, stereotypen Bilder in der öffentlichen Darstellung, die keinen Platz mehr lassen für ein realistisches Bild, wie moderne Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung heute tatsächlich stattfindet. Auch ist es Ausdruck eines zunehmenden Auseinanderklaffens von veröffentlichter Landwirtschaft, idyllischer Marketing-Scheinwelt und täglicher bäuerlicher Realität. Das führt in eine Sackgasse, die zur gegenseitigen Entfremdung beiträgt.
Scheinwelten und Extrembilder
Der landwirtschaftsferne Konsument sieht sich täglich mit ganz unterschiedlichen Bildern konfrontiert. Da das sprechende, pfiffige Schweinchen im Fernsehen für Bio-Werbung, dort die geschundene Sau gezeigt von einem Tierschutzverein. Von beiden möchte man kein Fleisch essen.
Die Landwirte aber züchten Schweine zum Essen. Das wird aus den Köpfen ausgeblen det. Was der Landwirtschaft fehlt, ist eine moderne, zentrale Öffentlichkeitsarbeit wie Lebensmittel erzeugt werden. Eine Einrichtung, die Medien, Konsumenten und Schulen zuarbeitet. Die Realität der Lebensmittelerzeugung hat keine breite Öffentlichkeit.
Darunter leidet sowohl die konventionelle, als auch die Bio-Landwirtschaft.
Katrin und Hans Meister „Wie viel ist genug“, ISBN 978-3-7020-1381-3
Der Bio-Boom, angetrieben auch von solchen extremen Bildern, verlangt nach immer mehr Ware und folgt damit zunehmend den Regeln des Massenmarktes. Ängste beflügeln die Nachfrage und steigern die Kontrollwut. Die zunehmende Nachfrage treibt auch hier Massenerzeugung und Billigimporte in die Höhe. Das geht, wie in der konventionellen Landwirtschaft, auf Kosten der heimischen Familienbetriebe. Trotz vieler Werbung der großen Handelskonzerne verlieren die heimischen Biobauern an Marktanteilen. So ist zum Beispiel in Österreich im Vorjahr trotz insgesamt weiter steigenden Bioumsätzen die Anzahl der Biobetriebe um 215 Höfe zurückgegangen. Auch die Bioanbaufläche hat um 3.600 Hektar abgenommen. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Deutschland. So ist der Umsatz mit Biolebensmitteln im Vorjahr um 7,2 Prozent gestiegen, die Zahl der Biobetriebe aber nur um zwei Prozent und die Bioanbaufläche um nur einen Prozent.
Wenn bei steigenden Umsatzzahlen die Zahl heimischer Biobetriebe stagniert oder zurückgeht, heißt dies, dass zunehmend mehr Bioprodukte aus aller Welt (billiger) zugekauft werden. Alles in allem also doch wert, über den Ausspruch von Jungbauernobmann Stefan Kast intensiver nachzudenken.
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