SchweinAfrikanische SchweinepestDeutscher Schweinemarkt unter massivem Druck

Deutscher Schweinemarkt unter massivem Druck

Viele Schlachtschweine können in Deutschland derzeit nicht zeitgerecht zum Schlachthof gebracht werden.
Quelle: Ronald Rampsch/shutterstock.com

Am vergangenen Mittwoch hat der Landkreis Emsland angekündigt, den zu Tönnies gehörenden Schweineschlachtbetrieb Weidemark in Sögel für drei Wochen zu schließen. Grund dafür sind 112 bestätigter Corona-Fälle bei Mitarbeitern in der Zerlegung. Das hat die aktuellen Probleme bei der Schweinevermarktung in Deutschland noch einmal verschärft. Aufgrund der coronabedingt bundesweit begrenzten Verarbeitungskapazitäten und einem saisonal wachsenden Lebendangebot stauen sich nach Angaben der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) schon jetzt fast 400.000 Schlachtschweine in den Ställen. ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack bezeichnete die Schließung als „zusätzlichen schweren Schlag in die Magengrube der Schweinehalter“. Er forderte den Landkreis auf, wenigstens den reduzierten und kontrollierten Schlachtbetrieb weiter aufrecht zu halten. Tönnies hat gegen die Schließung Klage eingereicht.

Forderung nach Ausweitung der Schlacht- und Zerlegekapazitäten

Zusammen mit der ebenfalls wegen Corona-Fällen eingeschränkten Tätigkeit des Vion-Werkes in Emstek, dem Ausfall des Standortes Bochum und den bundeweit aus Seuchenschutzgründen reduzierten Schlachtaktivitäten fehlen laut ISN aktuell wöchentlich in Deutschland mehr als 200.000 Schweineschlachtungen. Nach Berücksichtigung von Erzeugeranpassungen und verminderten Lebendimporten seien es rund 100.000, um den bestehenden Überhang abbauen zu können. Wenn es nicht schnell zu einer Ausweitung der Schlacht- und Zerlegekapazitäten komme, könnten sich bis Weihnachten zusätzlich1 Million Schweine in den Ställen stauen, wofür es aber keinen Platz gebe. Zusammen mit dem Landvolk Niedersachsen fordert die ISN von der Politik „ein ganzes Maßnahmenbündel“, um mehr Schlachtungen zu ermöglichen.

Klöckner zieht Ausnahmegenehmigung in Betracht

Bundeslandwirtschaftsministerin Juli Klöckner räumte im Vorfeld des heutigen Fleischgipfels in Bonn ein, dass sich ein Tierschutzproblem abzeichne, weil schlachtreife Tiere nicht abgeholt würden. „Deshalb kann es hilfreich sein, wenn die Länder eine Ausnahmegenehmigung für Sonn- und Feiertagsarbeit erteilen“, so die Ministerin. Sie machte aber auch klar, dass auf den Höfen alles getan werden müsse, um einen weiteren Zuwachs in den Ställen zu verlangsamen. Der vereinzelt geäußerte Wunsch nach privater Lagerhaltung sei nur eine Ultima Ratio. „Aber eine solche Lagerhaltung ergibt keinen Sinn, wenn die Kapazitäten in den Ställen nicht konsequent zurückgefahren werden“, betonte Klöckner.

Kritik an Ferkelimporten von Otte-Kienast

Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte Kinast berichtete am Donnerstag im Landtag, dass sie im engsten Austausch mit anderen Bundeländern und Unternehmen stehe, um nach Lösungen zu suchen und in Niedersachsen eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten in Schlachtbetrieben anstrebe. „Eine vollständige Kompensation der ausgefallenen Schlacht- und Zerlegekapazitäten ist in Niedersachsen und angrenzenden Bundesländern jedoch nicht zu erwarten“, stellte die Ministerin klar. Sollte Vion in Emstek auch noch vollständig geschlossen werden, würden zusammen mit Sögel Schlachthaken für rund 120.000 Schweine in der Woche fehlen; das entspreche 40 % der landesweiten Kapazitäten.

Die aufgrund der Notsituation der Schweinehalter sichtbar angefasste Ministerin machte auch klar, dass die Pandemie wohl noch Monate andauern werde und damit die Engpässe in den Schlachtbetrieben. Um größere Tierschutzprobleme zu vermeiden, müssten die Erzeuger sofort ihre Ferkelproduktion drosseln. Kritisch merkte Otte-Kinast an, dass im vergangenen Monat noch mehr als 400.000 Ferkel aus Dänemark und den Niederlanden in Niedersachsen eingestallt worden seien, obwohl die heimischen Sauenhalter schon Absatzprobleme gehabt hätten.

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