Herr J. aus Österreich schreibt mir: „Meine Anfrage betrifft die Ersitzungsbzw. Verjährungszeit von öffentlichem Gut. Nördlich von meinem Grundstück ist im Grundbuch ein Weg eingetragen. Dieser ist allerdings in der Natur nicht vorhanden. Er wurde wahrscheinlich nicht benutzt und wurde in grauer Vorzeit von meinen Vorfahren zum Teil als Acker genutzt. Auf den größten Teil hat sich der angrenzende Wald ausgebreitet. Dieser Teil wurde ebenfalls genutzt, es wurden vor 45 Jahren dort Bäume geschlägert, die schon ziemlich alt waren. Wegen der Verwaldung hätte der Weg auch nicht benutzt werden können.
Die Nutzung als Acker kann ich für mindestens 40 Jahre bestätigen. Vor rund zehn Jahren habe ich neben dem Wald einen drei Meter breiten Grünstreifen angelegt. Dieser liegt allerdings nur zum Teil auf der eingezeichneten Wegtrasse. Auf diesem Waldrandstreifen sind dann ohne mein Wissen oder meine Zustimmung Leute gewandert. Ein von mir gespannter Absperrstreifen wurde abgerissen. Als ich im vergangenen Herbst diesen Grundstücksstreifen umpflügte und Getreide anbaute, war die Empörung groß. Man lief zum Bürgermeister und beschwerte sich, dass ich den Weg umgeackert hätte. Der Bürgermeister und die Gemeinderäte wollen nun einen dauerhaften Weg anlegen. Muss ich dafür einen Grund abtreten? Stimmt es, dass die Ersitzungszeit 30 Jahre und auf öffentlichem Gut oder Kirchengut 40 Jahre beträgt? Anmerken möchte ich noch, dass das Grundstück nie kommassiert wurde und der Katasterplan wohl einige 100 Jahre alt ist.“
Eigentumsrecht richtigstellen
Aus der Schilderung im ersten Teil der Anfrage ergibt sich: Wenn diese Informationen über den langjährigen Nutzungsverlauf auf der als öffentlicher Weg ausgewiesenen Grundfläche nachgewiesen werden können, hat der Nutzer nach den Bestimmungen des Gesetzes über Ersitzung beziehungsweise Verjährung das Eigentumsrecht infolge ruhigen nachweisbaren Besitzstandes über 40 Jahre durch den Rechtstitel der Ersitzung erworben.
Nachdem im zweiten Teil der Anfrage ausgeführt ist, dass nunmehr wieder Wanderer auf dieser von Herrn J. genutzten, dem verjährten öffentlichen Gut, aber bisher nicht eigentumsrechtlich grundbücherlich richtiggestellten Wegtrasse unterwegs sind, kann das für eine Richtigstellung des grundbücherlichen Eigentumsstandes problematisch werden. Nämlich dann, wenn der Verwalter des öffentlichen Gutes, sehr wahrscheinlich die Gemeinde – je nach Straßengattung wäre auch das Land oder der Bund als Eigentümer der Wegtrasse möglich – nicht bereit ist, der grundbücherlichen Richtigstellung gütlich zuzustimmen. Dann nämlich muss Familie J. die Gemeinde als Verwalter des öffentlichen Gutes auf Ersitzung der betreffenden Grundstücksfläche klagen und ihr Eigentumsrecht gerichtlich durchsetzen.
In einem solchen Fall der Verweigerung müsste der derzeitige Bewirtschafter, also Herr J., Beweise über die Ersitzung, also die ausschließliche landoder forstwirtschaftliche Nutzung des strittigen Grundstücksstreifens erbringen. Andererseits hat die Gemeinde als Verwalterin des ausgewiesenen öffentlichen Gutes den Gegenbeweis der Nichtverjährung zu bewerkstelligen. Dabei ist wahrscheinlich zu erwarten, dass die Gemeinde die Wanderer als Zeugen namhaft macht, dass eben diese „Wanderer“ seit jeher dort gegangen sind. Natürlich wird dann auch ein Lokalaugenschein an Ort und Stelle stattfinden, damit das Gericht herausfinden kann, ob überhaupt Wanderer infolge bestimmten Baumwuchses oder landwirtschaftlicher Bewirtschaftung dort gewandert sein können.
Diese Fakten werden letztendlich maßgeblich sein, wem in einem allfälligen Streitfall der Richter in seinem Urteil folgt.
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