Bauernsprecher Hans MeisterIst die Hektarförderung ungerecht?

Ist die Hektarförderung ungerecht?

Eine gute Betriebsförderung erkennt man daran, dass sich die Betriebe und damit die gesamte Branche gut entwickeln, dass die Betroffenen eine positive Stimmung und Zukunftsoptimismus ausstrahlen. Die landwirtschaftlichen Direktzahlungen scheinen das nicht zu schaffen. In den vergangenen 20 Jahren haben ein Drittel der österreichischen Landwirte ihre Höfe aufgegeben.

2015 wurden in Österreich an Direktzahlungen aus der ersten Säule 680 Millionen Euro (Deutschland 4,8 Milliarden) und aus der zweiten Säule, Ländliche Entwicklung 948 Millionen (Deutschland 1,5 Milliarden) an Fördergeldern ausbezahlt.

Die hektarbasierte Direktförderung ist kein gerechtes System. Es fördert – bei geringen Auflagen – immer den gleichen Betrag pro Hektar. Mehr Hektar, mehr Fördergelder. Pauschal werden damit kleinere und mittlere Betriebsgrößen immer weiter abgehängt. Fördern bedeutet aber in seiner logischen Konsequenz, den Schwächeren unter die Arme zugreifen und nicht den mit den meisten Hektar am meisten zu unterstützen. Diese grundsätzliche Gegebenheit hat eine einschneidende Auswirkung auf den landwirtschaftlichen Strukturwandel. Es erhöht den Druck, ständig zu wachsen, zusätzlich. Die Gelder aus dem Topf der ländlichen Entwicklung vermögen das nicht gänzlich auszugleichen. Sie sind an hohe Auflagen, vermehrten Arbeitsaufwand und verstärkte Kontrollen gebunden. Das macht sie unattraktiver.

Die hektarbasierte Förderung beschleunigt so gesehen den Strukturwandel. Einer jagt den anderen und alle zusammen sind irgendwie unzufrieden. Gleichzeitig geben viele auf. Kann das wirklich der Sinn einer klugen, zukunftsorientierten europäischen Agrarpolitik sein?

Preisausgleichszahlungen

Ein neuer, interessanter Vorschlag kommt vom „Kasseler Institut für ländliche Entwicklung“. Es schlägt vor, die derzeitigen Flächenprämien durch aktive Marktpolitik und ein Instrument für Preisausgleichszahlungen zu ersetzen.

Im Zentrum des Kasseler Modells steht die Berechnung von Erzeugungskosten für landwirtschaftliche Produkte für bestimmte Betriebstypen in konkreten Regionen.

Diese Kosten werden zu den erzielbaren Erzeugerpreisen ins Verhältnis gesetzt. Wenn sich die Preis-Kosten-Schere in einzelnen Sektoren öffnet und das Verhältnis von Erzeugungskosten zu Erzeugerpreisen eine bestimmte – und in der politischen Diskussion noch zu bestimmende – Größenordnung unterschreitet, werden Preisausgleichszahlungen fällig.

Vorteile dieses Konzepts aus Kasseler Sicht: „Um eine bäuerlich-mittelständische Landwirtschaft zu erhalten, brauchen wir zusätzlich ein agrarstrukturelles Förderprogramm. Mit unserem Modell wenden wir uns ab von der ungezielten Flächenförderung nach dem Gießkannenprinzip, schaffen Raum für das Wirken marktwirtschaftlicher Mechanismen, entschärfen aber gleichzeitig auch den auf landwirtschaftlichen Betrieben lastenden Wachstumsdruck.“

Die Wissenschaftler des Instituts gehen davon aus, dass es einerseits einen breiten Konsens für eine bäuerliche Landwirtschaft in der Gesellschaft sowie erhebliche Kritik an den flächenbezogenen Direktzahlungen gibt. Andererseits sehen sie Defizite bei den Konzepten, die die Sicherung bäuerlicher Landwirtschaft allein durch die Honorierung besonderer ökologischer Leistungen und die Ausrichtung auf Qualitätsprodukte erreichen wollen. Zudem ist man überzeugt, dass der bürokratische Aufwand für ein Preisausgleichszahlungssystem gering wäre, da alle wesentlichen Daten der Betriebe bekannt sind.

Eine interessante Idee. Natürlich sind da noch viele Details zu klären, aber es ist Zeit über neue Fördermodelle nachzudenken, denn spätestens 2020 werden die Karten wieder neu gemischt.

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hans.meister@landwirt-media.com, Tel.: 0316/821636-145, Fax: DW 151

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