Jagd

Ich bat dazu Dr. Stephan Probst, Jagdrechtsexperte und Universitätslektor aus Wien; um seine Sicht:

„2012 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) über die Frage befunden, ob der deutsche Eigentümer eines kleinen Grundstücks verlangen kann, mit seinem Grundstück aus der Jagdgenossenschaft entlassen zu werden, wenn er die Jagd aufgrund ethischer Überzeugungen ablehnt.

Aus Jagdgenossenschaft aussteigen?

In einem recht ausführlich begründeten Urteil hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zunächst entschieden, dass die deutsche Regelung, dass keine Entlassung aus der Jagdgesellschaft möglich sei, ausgewogen und sachlich gerechtfertigt ist, auch wenn der Jagdgegner damit die Jagd auf seinem Grundstück hinnehmen muss. Dagegen hatte sich der Beschwerdeführer in weiterer Folge an die große Kammer des EGMR gewandt, die entschieden hat, dass eine Verletzung der Rechte des Grundeigentümers vorliegt, da der einzelne Grundeigentümer die Möglichkeit haben müsse, die Jagd am eigenen Grundstück bei Vorliegen begründeter und tatsächlich gegebener ethischer Überzeugung verhindern zu können.

Dieses Urteil führte in Deutschland dazu, dass das Bundesjagdgesetz angepasst wurde. Das in Deutschland bestehende Reviersystem, das dem österreichischen in weiten Teilen ähnlich ist, wurde mit dem Prinzip flächendeckender Bejagung und Hegeverpflichtung vom EGMR grundsätzlich nicht in Frage gestellt.

Betrachtet man die Konsequenzen der Einstellung der Jagdmöglichkeit auf dem Gebiet der Jagdgenossenschaft, sind nachstehende von Wildbiologen und Jagdsachverständigen aufgezeigte Folgen von besonderer Bedeutung:

  • Auf der jagdlich außer Nutzung gestellten Fläche erfolgt in weiterer Folge weder eine Bejagung, noch eine Hege.
  • Auch die Nachsuche von verunfalltem oder krankgeschossenem Wild ist auf diesen Flächen in weiterer Folge unmöglich, was gegen die grundlegendsten Prinzipien der Waidgerechtigkeit steht.
  • Auf den jagdlich befriedeten Flächen entstehen Ruhezonen für das Wild, die zu einer nicht kontrollierbaren Erhöhung der Population führen.

Auch wenn das genannte EGMR-Urteil aus Deutschland nur eine Einzelfallentscheidung darstellt, haben sich die Jagdverbände in Deutschland grundsätzlich dahingehend verstanden, dass einem Grundeigentümer, der aus der Jagdgenossenschaft austreten will und seine Flächen einer Bejagung nicht mehr zugänglich machen will, von der betroffenen Jagdgenossenschaft Schadenersatzforderungen in Aussicht gestellt werden. Gerade bei Schwarzwildschäden kann ein solcher Haftungsregress auch zu beträchtlichen Summen führen. Mit diesen finanziellen Inanspruchnahmen müsste nach Auffassung der deutschen Jagdverbände ein Jagdgegner in Zukunft zu rechnen haben.

„Ruhen der Jagd“

In Österreich bestehen neun Landesjagdgesetze, die unterschiedlichste Regelungen haben, insgesamt aber jeweils ein „Ruhen der Jagd“ vorsehen. Betrachtet man beispielsweise das NÖ-Landesjagdgesetz, so ruht die Jagd auf Friedhöfen, in Häusern und Gehöften samt den dazugehörigen, durch Umfriedung vollständig abgeschlossenen Höfen und Hausgärten, auf Gehegeflächen und auf öffentlichen Anlagen. Darüber hinaus kann die Bezirksverwaltungsbehörde das Ruhen der Jagd auf die Dauer der nächstfolgenden Jagdperiode über Antrag des Eigentümers für solche Grundstücke, die durch eine schalenwilddichte Umfriedung (Gitter, Zaun, Mauer usw.) dauernd umschlossen sind, verfügen.“

Soweit die gekürzte Wiedergabe der Sicht von Dr. Probst. Was bleibt, ist die Frage, was solche „schwammigen“ Urteile eines Europäischen Gerichtshofes bringen, wenn sie am Ende mehr verwirren als klarstellen, wenn sie mehr verunsichern als sichern? So bleibt für alle Beteiligten: nichts gewonnen, nur verschwommen.

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hans.meister@landwirt-media.com, Tel.: 0316/821636-145, Fax: DW 151

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