„Steht ein Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein.“ „Gibt‘s nur Mais auf weiter Flur, fehlt vom Hamster jede Spur.“ „Strotzt der Boden von Nitraten, kann das Wasser arg missraten.“
Mit diesen und ähnlichen Sprüchen im Stil von Bauernregeln startete die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks auf dem Rücken der Bauern eine Plakatkampagne unter dem Titel „Gut zur Umwelt, Gesund für alle“. In über 70 deutschen Städten wollte man die elf „Bauernregeln“ plakatieren.
Sich via Plakate ausrichten zu lassen, welcher Trottel man denn ist, hat niemand gerne. Das diffamiert pauschal eine ganze Berufsgruppe und treibt einen Keil zwischen vorbildlich arbeitende Landwirte und verunsicherte Konsumenten. Das untergräbt das Vertrauen. Landwirte, Landwirtschaftsminister, Bauernverband und die Bayerische Jungbauernschaft protestierten dagegen. Lustig sein zu wollen auf Kosten anderer zeugt immer von schlechtem Stil. Letztlich hat das auch die Umweltministerin eingesehen und die „Bauernregel“-Kampagne zurückgezogen. Unterm Strich bleibt: Nicht jede dumme Idee setzt sich durch.
Worum geht es?
Vordergründig geht es um das Thema Landwirtschaft und Naturschutz. Tiefgründiger geht es um wesentlich mehr, um die Landwirtschaft der Zukunft, um den Umbau der Agrarförderungen bis hin zu einer diskutierten Agrarwende. Dabei stehen die klassischen Fragen Umweltverträglichkeit, Tierwohl, Lebensmittelsicherheit, Bauerneinkommen und gesellschaftliche Akzeptanz zur Diskussion. Weiter wie bisher Richtung Agrarindustrie oder grundsätzliche Änderung? Eine Diskussion, die vor allem innerhalb der Landwirtschaft zu führen ist und nicht nur Naturund Umweltschutz überlassen werden darf. Hier müssen sich die Bauern einmischen und darüber, wie die Landwirtschaft der Zukunft aussehen soll, ihre Vorstellungen artikulieren.
Tatsache ist, dass trotz ständigen Wachstums der Betriebe, enormer Effizienzsteigerungen und totaler Ökonomisierung viele Landwirte kaum noch von ihrer Arbeit leben können. Ein brutaler Verdrängungswettbewerb treibt die Landwirtschaft in immer intensivere Produktionsweisen mit hohem Kapitalrisiko und permanenter Arbeitsüberlastung. Auf dem agrarpolitischen Tisch liegen viele unbeantwortete Zettel: Wollen wir den derzeit eingeschlagenen Weg so weitergehen oder braucht es neue Alternativen? Überlässt man das Finden von neuen Wegen jedem einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb selbst oder ändert man das derzeitige System grundsätzlich? Gesellschaftspolitisch wird immer stärker eine Systemänderung gefordert. Die diesbezüglichen Ansprüche an die Landwirtschaft werden immer stärker eingemahnt, ein Beispiel ist die hier genannte abgesagte Plakataktion.
Um kleineren und mittleren Einheiten auch in Zukunft Chancen zu offerieren muss über diese Fragen intensiv nachgedacht und diskutiert werden. Die Landwirtschaft in Österreich, Deutschland und anderen europäischen Ländern steckt in einer Krise, wirtschaftlich und ideologisch, wie Landwirtschaft in Zukunft stattfinden soll. Die Erzeugerpreise sind tief, die Exportmärkte überfüllt, der Druck der Handelsketten groß und die Kritik der Gesellschaft nimmt zu.
Nur eines bleibt gleich: Die meisten wollen es billig haben. Gleichzeitig will man aber, dass die Landwirte den höchsten Ansprüchen im Bereich Tierwohl, Bodengesundheit, Grundwasserverbesserung, Artenvielfalt und Naturschutz gerecht werden. Wie soll das je funktionieren? Kein Landwirt kann auf Dauer zum Billigsttarif produzieren und dazu kostenlos die höchsten Naturund Umweltschutzstandards liefern. Das muss der Öffentlichkeit gegenüber deutlich aufgezeigt werden. An diesem Zwiespalt ist schon VW gescheitert.
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