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Fendt Traktoren: Mutige Entscheidung hat sich bewährt

Von Roman ENGELER

Engeler: Fendt-Traktoren gibt es nur mit stufenlosem Getriebe. Was das die richtige Entscheidung?

Peter-Josef Paffen: Es war absolut die richtige Entscheidung, konsequent auf diese Technologie zu setzen und keine Alternative anzubieten. Dies hat letztlich ja dazu geführt, dass wir nun 250.000 Getriebe bauen konnten. Viele in der Branche konnten anfänglich mit dieser Technologie der Leistungsverzweigung nicht viel anfangen, und bei uns war das stufenlose Getriebe anfänglich ja auch nur eine Variante. Aufgrund der äußerst guten Akzeptanz im Markt gab es für Fendt dann aber keine Alternative mehr. Es war eine mutige, aber aus heutiger Sicht richtige Entscheidung.

„Mit der Einführung der stufenlosen Getriebe haben wir ein ganz neues Servicesystem etabliert.“

Wo steht man heute im Traktormarkt ohne einfachere Getriebevariante?

Etwas Einfacheres als die stufenlose Getriebetechnologie gibt es doch gar nicht.

Gut, dann sagen wir preislich billigere Getriebevariante.

Es gibt sicher Kundensegmente, die einfachste Technik suchen und deshalb Fendt nicht in Betracht ziehen. Mit der Marke Fendt fokussieren wir aber bewusst das Profisegment. Das sind Lohnunternehmer, aber auch spezialisierte Betriebe fast jeder Größe. Fendt gehört heute zu Agco, also zu einem Konzern mit mehreren Marken. Und da hat jede Marke die Aufgabe, ein gewisses Segment abzudecken.

Wie hat sich diese stufenlose Getriebetechnologie in den letzten 20 Jahren entwickelt?

Zunächst wollten wir das stufenlose Getriebe in Serie fertigen können. Ein weiterer Meilenstein war dann, das Getriebe für die ganze Produktpalette zu konfektionieren, vom kleinen Weinbautraktor bis hin zum 500-PS-Schlepper. Da mussten Fragen der Fertigungskosten, der im jeweiligen Modell zur Verfügung stehenden Bauräume oder der Kraftübertragung gelöst werden. Der Einbau von Sensorikund Elektronikkomponenten, die sich in den letzten 20 Jahren ja stark entwickelt haben, war ein weiterer Meilenstein. Es hat sich gezeigt, dass das ursprüngliche Getriebekonzept für alle Leistungsklassen passt. Die neue Getriebegeneration VarioDrive beim Fendt 1000 Vario ist die konsequente Weiterentwicklung. Das gelang uns, weil wir stets ein hundertprozentiges Marktund Servicewissen sowie ein maximales Kundenfeedback anstreben.

„Bis 2020 wollen wir den 20.000 jährlich gebauten Fendt-Traktoren sehr nahekommen.“

Das heißt?

Seit der Einführung der Vario-Technologie nehmen wir weltweit alle auffälligen Getriebe zurück ins Werk und untersuchen, wieso es zum Defekt gekommen ist. Dann wird es wieder auf den neuesten Stand der Technik und in Umlauf gebracht.

Und wo liegen die häufigsten Schwachpunkte?

Meist sind es Fehler in der Lieferkette, wenn beispielsweise in einer Charge andere Qualitäten geliefert wurden als bestellt, wie etwa für die Dichtungen. Gerade bei den hohen Öldrücken sind die Dichtungen gefordert. Man könnte zwar mit Hydraulikkomponenten aus Großserien Abhilfe schaffen. Das machen wir aber nicht, weil wir so die hohen Wirkungsgrade nicht erreichen würden.

Wo liegen die Herausforderungen rund um die stufenlose Getriebetechnik?

Wir arbeiten aktuell am sogenannten zweiten Leben eines Traktors. Hat ein Schlepper beispielsweise 15.000 Einsatzstunden erreicht, wollen wir nach einer Prüfung gezielt Komponenten ersetzen, um ihn für weitere Einsatzstunden fit zu machen. Weiters sind wir daran, die modernsten Getriebeentwicklungen, wie wir sie beispielsweise im Fendt 1000 Vario verbaut haben, auch anderen Plattformen zugänglich zu machen. Und letztlich ist es ein Bestreben – Stichwort Farming 4.0 – alle Systeme im Traktor zu vernetzen.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage auf dem Traktorenmarkt?

Sagen wir es einmal so: Der Markt ist sehr herausfordernd und präsentiert sich differenziert. In keinem Teil der Welt erleben wir einen Boom, sondern eher überall Rezessionsphasen. In Südamerika ganz ausgeprägt, in Nordamerika etwas weniger. Überschaubar, aber in der Summe auch negativ, ist der Markt von Westund Zentraleuropa. Da verzeichnen wir Rückgänge von zehn Prozent.

Sehen Sie Licht am Ende des Tunnels?

Nach meiner Einschätzung wird es im Jahr 2017 wieder aufwärtsgehen. Erste Anzeichen gab es beispielsweise auf der Messe Intervitis/Interfructa/Hortitechnica Ende November. Die Weinund Obstbauern sind zuversichtlich und wollen entsprechend investieren. Auch die Lohnunternehmer zeigten sich an der „Deluta“ (deutsche Lohnunternehmer-Tagung in Bremen) positiv gestimmt. Aber die Erholungsphase wird langsam starten, weil doch viele Landwirte eine längere Durststrecke zu bewältigen haben und in dieser Zeit von der Substanz leben mussten.

Wie ist derzeit die Auslastung in Marktoberdorf?

Wir haben kurz vor Weihnachten die Produktion beendet und alle Mitarbeiter zu einem Fendt-Weihnachtsmarkt eingeladen, da wir die Anfang 2016 als Ziel gesetzte Produktion von 13.400 Einheiten um 300 Stück übertroffen haben.

Das neue Werk ist ja für 20.000 Einheiten ausgelegt.

Ja, das stimmt. Wir könnten bei Bedarf mehr produzieren. Allerdings sind wir heute flexibler. Das neue Werk macht momentan viel Freude. Vor zwei Jahren gab es noch einige Herausforderungen. Laufende Optimierungen im Produktionsprozess führen dazu, dass wir bei gleicher Beschäftigung jedes Jahr rund fünf Prozent mehr Effizienz erreichen. Heute wären wir in der Lage, mit nur einer Schicht 20.000 Einheiten zu bauen.

Wo steht Agco/Fendt auf dem Weg zum Longliner?

Wir sprechen intern eher von Fulloder sogar von Full-Full-Linern und arbeiten daran, die Lücken im Portfolio noch zu schließen.

„Der Markt ist momentan herausfordernd. Nach meiner Einschätzung wird es im Jahr 2017 wieder aufwärts gehen.“

Diese sind?

Für das alpine oder hügelige Gebiet würden sicher noch ein Ladewagen und eine ordentliche Rundballenpresse guttun. Auch im oberen Segment der Mähdrescher haben wir noch Handlungsbedarf, da steht das Projekt Großmähdrescher-Plattform unmittelbar vor der Markteinführung.

Es fehlt aber noch die Bodenbearbeitung?

Ja, die Bodenbearbeitung ist ein ganz neues Spielfeld, und für uns ist es sicher eine riesige Herausforderung, uns auf dieses Feld zu begeben. Wir beobachten dieses Segment, aber in der Umsetzung sind derzeit noch keine Ansätze vorhanden.

Wieso wollen Sie überhaupt Full-Liner werden?

Wir wollen den Handel künftig aus einer Hand bedienen. Denken wir einmal über Farming 4.0 nach: Wir stehen erst an der Schwelle, die Entwicklung wird aber sehr, sehr schnell gehen. Will man dabeisein, muss man einfach komplette Lösungen anbieten, weil ansonsten die ganzen Schnittstellenprobleme für den Handel und für den Endkunden beinahe unlösbar werden. Noch vor wenigen Jahren sah ein Händler sein Glück darin, dass er mit verschiedenen Lieferanten zusammenarbeitete. Das wird sich ändern, weil ein Händler seinen Kunden nicht nur Maschinen (Hardware), sondern vermehrt auch Software liefern wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man das professionell mit mehreren Lieferanten machen kann.

Welche Neuheiten darf man 2017 von Fendt erwarten?

Es wird einen Strauß von Neuheiten im Segment der Traktoren, der Erntetechnik und bei den Mähdreschern geben. Details kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verraten.

Roman Engeler ist Redakteur bei der Fachzeitung Schweizer Landtechnik.

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