In den vergangenen Monaten gab es viele Veranstaltungen mit Landwirten. Mir fiel auf, wie positiv die Agrarfunktionäre von der „ neuen Landwirtschaftsministerin“ sprachen. Dabei gibt es in Österreich seit Jänner gar kein Landwirtschaftsministerium mehr – zumindest nicht mehr dem Namen nach –, sondern nur ein „Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus“.
Natürlich kann ein „Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus“ auch eine vernünftige Agrarpolitik machen. Trotzdem ist es eine Marginalisierung der Landwirtschaft. Laut Wikipedia ist Marginalisierung „ein sozialer Vorgang, bei dem Bevölkerungsgruppen an den ‚Rand der Gesellschaft‘ gedrängt werden und dadurch nur wenig am wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Leben teilnehmen können“.
In einem Kommentar im LANDWIRT 4/2018 schrieb ich dazu: „ … Unter allen Wirtschaftsbereichen hat die Landwirtschaft eine Sonderstellung. Landwirtschaft ist nicht nur ein Wirtschaftssektor wie jeder andere, sondern ein Überlebensfaktor.
… Auch deshalb ist die Nicht-Berücksichtigung in der Namensgebung des Ministeriums zu hinterfragen. Sollte Tourismus nicht auch nachhaltig sein und trotzdem wird er im Ressortnamen extra ausgewiesen? Oder ist ‚Landwirtschaft‘ als Name für ein Ministerium, das die Veränderung will, zu unbedeutend und nicht modern genug?“
Namen und Benennungen sind in einer Zeit, in der das Marketing wesentliche Spielregeln vorgibt, wichtige Zeichen. Sie haben eine Signalwirkung nach außen. In Wirtschaft und Politik geht es mehr denn je um symbolische Handlungen, um Zeichensetzungen. Bei allem, was gemacht wird, soll es eine starke Außenwirkung geben. Durch Fotos, Videos und Auftritte im Fernsehen sollen nonverbale (wortlose) Botschaften an die Konsumenten oder die Wähler gesendet werden. Im Marketingsprech nennt man ein solches bewusstes symbolisches Handeln eine Inszenierung, eine Zur-Schau-Stellung.
Ein Beispiel dazu: Ein Bild zeigt die Frau Ministerin Köstinger im Kuhstall. Die wortlose Botschaft, die vermittelt werden soll: Frau Köstinger setzt sich für die Milchund Rinderbauern ein. Ein anders Bild zeigt beispielsweise die Ministerin im Rinderstall mit einer Heugabel in der Hand. Die damit verbundene nonverbale Botschaft dazu: Frau Köstinger als Ministerin kann zupacken, sie kennt die harte Arbeit der Rinderbauern aus eigenem Tun.
Landwirtschaftsoder Nachhaltigkeitskammern?
Eben deshalb, weil Bilder, Namen und Begriffe Botschaften transportieren – erinnern Sie sich noch an das „Lebensministerium“? –, ist es umso verwunderlicher, dass die Bezeichnung Landwirtschaft aus den Namen des zuständigen Ministeriums ersatzlos gestrichen wurde. Die landwirtschaftlichen Interessensvertreter und Agrarfunktionäre scheint das nicht zu stören. Sie schweigen dazu und schwärmen ihrerseits von der „Frau Landwirtschaftsministerin“, die aber in Wirklichkeit eine Nachhaltigkeitsund Tourismusministerin sein will. Wenn die landwirtschaftlichen Interessensvertreter der Meinung sind, dass die Landwirtschaft kein eigenes – auch so benanntes – Ministerium mehr braucht, sollten sie das sagen und erklären.
Umgekehrt, wenn Nachhaltigkeit der bessere Begriff für eine moderne Landwirtschaft ist, müsste man dann nicht auch die Landwirtschaftskammern in Nachhaltigkeitskammern umbenennen?
Namen sind nicht nur Schall und Rauch. Die ersten Erfolge für den Tourismus sind bereits eingefahren, die Mehrwertsteuersätze für Übernachtungen wurden gesenkt. In der Landwirtschaft dagegen sind die erst vor einigen Jahren erhöhten Mehrwertsteuersätze gleich geblieben. Vielleicht ist ja auch das ein Zeichen?
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