Konkurrenz ist ein Wettlauf – wer kann es schneller, besser, billiger. Landwirte kennen das unter „wachsen oder weichen“. Es geht dabei um Produktion und Dienstleistung zum möglichst billigsten Preis. Das gilt für jeden Landwirt, jeden Kleinunternehmer bis hin zu den globalen Konzernen. Politiker und Wirtschaftswissenschafter nennen das Wettbewerbsfähigkeit.
Das verändert die Strukturen und damit das Gesicht eines Landes. Bauernhöfe, Wirte und Kaufhäuser geben auf. Ländliche Gebiete sind von Abwanderung bedroht, an den Ortsrändern stehen die Verkaufstempel der multinationalen Konzerne. Die Geschäfte in den Innenstädten verschwinden, verdrängt von den immer größer werdenden Einkaufszentren auf der grünen Wiese. Die Dörfer dünnen aus und am Land mehren sich alleinstehende, nicht mehr bewohnte Gehöfte. Vielfalt wandelt sich zu de facto monocoloren Strukturen, überall dieselben Abnehmer. Überall die gleichen Anbieter.
Konkurrenz ist heute nicht mehr lokal begrenzt, sondern global. In der globalen Wirtschaft tobt ein Kampf jeder gegen jeden. Auch weil jedes Land im Wesentlichen die Produkte exportiert, die es auf der anderen Seite wieder importiert. Was dem Normalbürger als Unfug erscheint, macht für Ökonomen, deren einziger Wert Geld ist, durchaus Sinn. Dem Geld wird alles andere untergeordnet, der Mensch, die Umwelt, die Natur. Das erzieht uns zu Egoisten, die aus jeder Situation ihren persönlichen Vorteil herausholen wollen. Als Produzent das erzeugen, wo der höchste Gewinn zu erwarten ist. Als Konsument das kaufen, was am billigsten angeboten wird. Gefühle und Fragen nach Gerechtigkeit spielen dabei keine Rolle.
Wachsen oder weichen
Wer am Tisch bleiben will, muss dieses Spiel mitspielen, es gilt stark zu bleiben, keine Schwächen zu zeigen und zu wachsen. Das führt zum Zwang, ständig investieren zu müssen, Kapital aufzutreiben und sich zu verschulden, um nicht abgehängt zu werden. Diejenigen, die bei diesem Wettrennen nicht mithalten können oder wollen, geben auf. Ihre Grundstücke und Geschäftsfelder werden von anderen übernommen und das Verdrängen geht in die nächste Runde, jetzt nur auf etwas höherem Niveau. So bleiben immer weniger im Geschäft und es bilden sich immer größere Strukturen, ohne dass es deswegen für die weiterhin Wirtschaftenden leichter wird. Im Gegenteil, mit der Größe nehmen Druck und Risiko zu. Man stößt plötzlich an neue Grenzen.
Landwirtschaftliche Betriebe, die ständig gewachsen, größer und intensiver geworden sind, schaffen die Arbeit nicht mehr allein. Um das Arbeitspensum erledigen zu können, brauchen immer mehr nun ständige fremde Arbeitskräfte. Das Risiko sowie der finanzielle und bürokratische Aufwand steigen.
Bleibt die Frage: Wie kann eine Gesellschaft – wie uns Politiker und Wirtschaftsexperten weismachen wollen –, die nur egoistisch agiert, damit Wohlstand für alle schaffen?
Aber genau auf diese Theorie ist unser derzeitiges Wirtschaftsmodell aufgebaut.
Schauen Sie sich um, was sich alles in den vergangenen zehn, zwanzig Jahren bei Ihnen selbst und in Ihrer Umgebung – hoffentlich zum Besseren – verändert hat.
Als kürzlich die Molkereien eine Milchpreiserhöhung gegenüber den Handelsketten durchsetzen wollten, wurde dies mit der Begründung abgelehnt, dass die Konsumenten nicht für die “strukturellen Versäumnisse der Landwirtschaft” bezahlen könnten. Der Milchpreis ist, absolut gesehen, sein 20 Jahren am gleichen Niveau. Wer heute noch als Milchbauer am Land tätig ist, ist genährt durch die Hoffnung, dass dieser wieder einmal steigt. Falsch gedacht, kann man nun einwenden, wir haben ja ein Strukturproblem.
Aus meiner Sicht zahlen die Konsumenten nicht für die “strukturellen Probleme der Landwirtschaft”. Sie bezahlen die “unstillbare Gewinnsucht der Handelsketten”, die schlussendlich die Strukturprobleme mithilfe der Agrarindustrie lösen will. Nur dadurch hat die Gewinnsucht die Chance unstillbar zu bleiben.