Wer, wenn nicht die Jugend, muss freche Fragen stellen, darf fordern und frische, unkonventionelle Ideen einbringen? Darf Normen brechen und sich auch irren? Die Altvordern mögen es nicht immer gerne haben, wenn sie den Atem der Jungen spüren, aber wirklich Neues entsteht nur mit der Kraft und dem Schwung der Jungen.
Der Druck auf die bäuerlichen Familienbetriebe steigt. Arbeit und Herausforderungen auf den Höfen nehmen zu. Das EU-Fördersystem begünstigt die großen, hektarstarken Höfe. Wer nicht mehr wachsen will oder kann, verliert. Junge Hofübernehmer haben durch die hohe Arbeitsbelastung oft Probleme einen Partner zu finden. Auf vielen Höfen müssen die Jungen neben ihrer Bauernarbeit auch noch einen zweiten Beruf stemmen. Deshalb zögern sich die Übergabe und der Generationswechsel auf vielen Höfen hinaus oder es wird überhaupt aufgegeben. Die kleineren und mittleren Betriebe brauchen mehr Unterstützung, wenn wir sie nicht verlieren wollen. Wo sind dazu neue Ideen und Forderungen der bäuerlichen Jugend?
Sucht man im Internet nach „Jungbauern“, wird man zugemüllt mit Eintragungen zum Jungbauernkalender. Die Homepage der Jungbauernschaft existiert unter dem Suchbegriff „Jungbauern“ faktisch nicht. Die Jungbauernschaft reflektiert sich im Netz in erster Linie als Jungbauernkalender.
Besser ist die Situation bei der Landjugend betreffend Homepage. Sie ist unter „Landjugend“ schnell zu finden. Die Landjugend vertritt, wie ihr Name sagt, die Jugend am Land, ist also nicht nur für bäuerliche Interessen da. Trotzdem bleibt anzumerken, dass trotz allem Bemühen von der Landjugend in ihrer Außendarstellung oft nur das Bild der ländlichen Traditionspflege bleibt.
Wo sind die jungen Ideen?
In vielen landwirtschaftlichen Jugendorganisationen fehlen meiner Beobachtung nach Ideen, kühne Visionen und mutige Auseinandersetzung darüber, was das Land und die bäuerlichen Familienbetriebe brauchen, um die Herausforderungen der Zukunft zu überstehen. Brav sein allein ist noch kein Programm.
Einen stillen Beobachter könnte manchmal das Gefühl beschleichen, dass sich alle nur deswegen so brav verhalten, um sich keine zukünftigen Karrierechancen zu verbauen. Schließlich schöpfen Bauernbund, Kammer und Genossenschaften ihren Funktionärsnachwuchs aus genau diesem Pool. Aber Obacht, was Hänschen nicht gelernt hat, lernt vielleicht Hans auch nicht mehr!
So bleiben wesentliche Zukunftsthemen der Agrarpolitik den Profipolitikern, Lobbyisten und Beamten überlassen, ohne störende Forderungen der Jugend. Die bäuerlichen Jugendorganisationen beschränken sich derweilen zu sehr auf Traditionspflege und Jungbauernkalender. Um etwas bewirken zu können, dürfen Jugendgruppierungen nicht nur in Traditionsund Spaßsegmenten verharren. Man kann auch mit Spaß mutige, neue Ideen entwickeln, sie öffentlich wirksam präsentieren und für ihre Durchsetzung kämpfen.
Die Verhandlungen über die Zukunft der europäischen Agrarpolitik nähern sich ihrem Höhepunkt. Dabei geht es von der Neuordnung des EU-Fördersystems über Klimawandel bis hin zur Digitalisierung. Von den Jugendgruppen gibt es dazu im Rahmen eines sogenannten Forderungskataloges (siehe LANDWIRT 20, 2018) auch Vorschläge, aber sie bleiben ohne Biss. Im Wesentlichen ist dieser Forderungskatalog meiner Meinung nach eine Sammlung von Schlagwörtern, von mehr oder weniger bekannten Wünschen an die Agrarpolitik.
Schade. Noch nie war die bäuerliche Jugend so gut ausgebildet wie heute. Da ist ein riesen Potenzial, auf das weder das Land noch die Bauern verzichten können. Es braucht seitens der Jugendorganisationen mehr Mut sich zu emanzipieren und mit neuen, unkonventionellen Ideen auch gegen den Strom zu schwimmen.
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