Kaum hat sich das bestehende System – seit 2014/2015 in Kraft – etabliert, wird schon über die neue GAP ab 2020 diskutiert. Wo, an welcher Finanzschraube gedreht wird, hängt meist davon ab, welche Lobby sich durchsetzt. Aber das System als solches wird nicht hinterfragt.
Manchmal beschleicht einen das Gefühl, es geht bei diesem agrarpolitischen Tauziehen gar nicht um die Bauern und um funktionierende ländliche Gebiete, sondern nur um Geld, Wirtschaft und Exportquoten. Wenn die EU als Agrar-Nettoexporteur mehr landwirtschaftliche Erzeugnisse exportiert als sie einführt und darauf stolz ist, muss man auch den Preis, der dafür bezahlt wird, nennen: Verdrängung kleiner, mittlerer landwirtschaftlicher Betriebe und Ausdünnung ländlicher Gebiete in Europa. Zerstörung kleinbäuerlicher Strukturen und Zukunftsperspektiven im agrarisch dominierten Afrika.
Was will die Gemeinsame Agrarpolitik? Was ist das Ziel?
Möglichst viele Höfe und bäuerliche Arbeitsplätze erhalten? Umweltund tiergerechte Landbewirtschaftung? Gesunde Höfe in lebendigen ländlichen Gegenden?
Oder will man nur am Weltmarkt konkurrenzfähige Betriebe, eine flächendeckende Landwirtschaft in den Gunstlagen und Lebensmittelerzeugung auf billigstem Niveau?
Bis heute ist nicht klar, was die EU-Agrarpolitik denn überhaupt bezweckt. Da wird ständig – mit möglichst komplizierten Wortungetümen, die kein Mensch versteht – um den heißen Brei herumgeredet. Das beginnt bei den Begriffen. Einmal spricht man von Ausgleichzahlungen, dann wieder von Förderungen. Hinter diesen schlichten Wörtern stehen aber zwei grundsätzlich unterschiedliche Konzepte mit höchst unterschiedlichen Auswirkungen auf die Landwirte.
Ausgleichzahlungen sind in erster Linie preisdämpfende Maßnahmen, um die Erzeugerpreise auf konkurrenzfähige Weltmarktpreise zu senken. Als Ersatz gibt es eine Ausgleichzahlung. Von diesen mengenabhängigen Zahlungen profitieren große Einheiten mit vielen Hektar und viel Produktion. Das führt in weiterer Folge zur Produktionskonzentration, zur – von der Gesellschaft so wahrgenommenen und kritisierten – industrialisierten Landwirtschaft. Betriebsaufgaben und Strukturbereinigung im großen Stil sind Teil dieses Konzeptes.
In einer auf Förderungen basierenden Agrarpolitik steht im Wortsinne die Unterstützung und Förderung von Benachteiligten und besonderen Leistungen im Mittelpunkt. Ziel dabei ist die Erhaltung einer gesunden Agrarstruktur. Im Mittelpunkt steht nicht der Export, sondern die Stabilisierung von Betrieben sowie die Erhaltung funktionierender ländlicher Räume, der Landschaft und Artenvielfalt.
Ein Großteil der österreichischen und europäischen Agrarpolitiker wird einwenden, dass die EU-Agrarpolitik beides macht. Das sehe ich nicht so.
Woran wird der Erfolg der europäischen Agrarpolitik festgemacht?
Was ist daran erfolgreich, wenn derzeit jährlich 54 Milliarden Euro aus Brüssel (Das sind 106 Euro je EU Bürger) in die europäische Landwirtschaft, davon rund 1,1 Milliarden Euro nach Österreich, fließen und trotzdem in den letzten 20 Jahren 78.000 Betriebe, das sind 33 Prozent aller Höfe, aufgeben mussten? (1995: 239.099 Betriebe, 2016: 161.155 Betriebe).
Ist es erfolgreiche Agrarpolitik, wenn in den vergangenen 21 Jahren in Deutschland – trotz jährlich rund 6,5 Milliarden Euro EU-Gelder – mehr als 50 Prozent der Höfe das Handtuch geworfen haben? (1995: 555.000 Betriebe, 2016: 276.000 Betriebe)
Sieht so erfolgreiche Agrarpolitik aus? Und wenn, Erfolg für wen?
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