Weltagrarbericht

Mehr als 400 Wissenschaftler fassten 2008 im Auftrag der Weltbank und der UNO den Stand des Wissens über die globale Agrarwirtschaft in einem Weltagrarbericht zusammen. Es wurden Stärken und Schwächen benannt und Vorschläge für die Zukunft gemacht. Die wichtigste Botschaft: Bäuerliche Familienbetriebe müssen gestärkt werden.

Aber außer, dass die Vereinten Nationen 2014 zum Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe erklärten, ist nichts passiert. Die Schwächen und Nöte der globalen Landwirtschaft, die vom Weltagrarbericht aufgezeigt wurden, werden von der Agrarpolitik nicht angefasst und höchstens in politischen Sonntagsreden thematisiert. Einige Beispiele daraus:

Beispiel: Wachsen und Weichen

Dieses Entwicklungsmodell der Industrieländer beschreibt der Weltagrarbericht als die „landwirtschaftliche Tretmühle”. Sie basiert auf Technologieschüben, etwa in der Mechanisierung, Zucht, Agrarchemie oder Gentechnik, die bei steigendem externen Input die Stückkosten senken und die Produktivität pro Arbeitskraft erhöhen. Die Produktion steigt, die Erzeugerpreise sinken. Auf dem Markt überleben die Betriebe, die durch Rationalisierung, Erweiterung oder Standortvorteile der Konkurrenz einen Schritt voraus sind. Ist ihr Vorsprung aufgebraucht, beginnt auch für sie die nächste Runde. Ein Ende dieser Tretmühle ist nicht vorgesehen.

Beispiel: Förderungen

Die Landwirtschaft ist in vielen Regionen der Welt von massiven staatlichen Interventionen und Subventionen abhängig. Die Subvention bestimmter landwirtschaftlicher Produkte, Produzenten, Produktionsformen und Exporte wird vor allem von Industriestaaten betrieben und kommt dabei überwiegend großen Landwirtschafts-, Handelsund Verarbeitungsunternehmen zugute. Sie hat weltweit tiefgreifenden Einfluss auf die Produktionskosten und Preise landwirtschaftlicher Güter. Täglich werden weltweit mehr als eine Milliarde Dollar für Agrarsubventionen ausgegeben. Damit wird globale Konkurrenz befeuert.

Beispiel: Verbrauch von Ressourcen

Die einseitige Produktionsweise industrieller Landwirtschaft beutet die verfügbaren natürlichen Ressourcen unseres Planeten in unvertretbarem, weil nicht nachhaltigem Maße aus. Das Konzept, aus durchrationalisierten Monokulturen mit wenigen Hochleistungspflanzen riesige Mengen an Agrarrohstoffen und Fleisch zu gewinnen und mit immer aufwändigerer Technik zu der scheinbaren Vielfalt zu verarbeiten, die wir aus unseren Supermärkten kennen, erweist sich in Zeiten des Klimawandels, schwindender Ölreserven und überstrapazierter natürlicher Ressourcen als Sackgasse.

Beispiel: Wachsende Ungerechtigkeit

Oft eine Überlebensfrage: Wer hat das Nutzungsrecht an fruchtbarem Boden? Industriekonzerne und Staaten kaufen große Flächen in Afrika und Südamerika. Gleichzeitig nehmen global die wirtschaftliche und kulturelle Verwahrlosung ländlicher Gemeinden und Regionen sowie Vertreibung und Landflucht zu.

Beispiel: Was Zahlen erzählen

2,6 Milliarden Menschen, fast 40 % der Weltbevölkerung, leben von der Landwirtschaft.

Weltweit gibt es 537 Millionen Höfe. Davon bewirtschaften 83 % unter zwei Hektar Land und 97 % weniger als zehn Hektar. Kleinbauern bewirtschaften etwa 60 % der weltweiten Ackerflächen und produzieren in Asien und Afrika rund 80 % aller Lebensmittel.

In Asien sinkt die durchschnittliche Betriebsgröße, während sie in Europa und Amerika zunimmt. In Argentinien etwa beträgt die Hofgröße im Schnitt 582 Hektar.

Fakt ist: Die bäuerlichen Familienbetriebe bekommen nicht die Unterstützung, die sie brauchen und die auch der Weltagrarbericht einfordert. In den vergangenen Jahrzehnten haben in den europäischen Industriestaaten etwa 40 % der Hofeigentümer aufgegeben. Kein Beweis geschickter Politik. EU Agrarpolitik ist über weite Strecken zu Konzernpolitik verkommen.

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hans.meister@landwirt-media.com, Tel.: 0043 316/821636-167, Fax: DW 151

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