Wie kommt ein Putzfetzen ins Getriebe?

Landwirt B. gibt mir dazu folgende, von mir gekürzte, Sachverhaltsdarstellung:

2004: „Die Geschichte hat unmittelbar nach der Übergabe des Traktors, eines John Deer 6420S, 2004 begonnen. Ein Defekt in der Parksperre hatte einen erheblichen Bruchschaden des Allradantriebes zur Folge. Die gebrochenen Zahnräder wurden in Garantie ersetzt. Das Verteilergetriebe (Differential, Bremsen, …) wurde nicht gereinigt, obwohl sich die Späne im gemeinsamen Ölhaushalt im ganzen Verteilergetriebe abgelagert haben. Dies wurde mir erst 2010 bei einem Ölwechsel bewusst.

Im Sommer 2004 habe ich mit mulmigem Gefühl Feldarbeiten mit dem Traktor durchgeführt. Im Beisein des Mechanikers wurde festgestellt, dass das Getriebe unter Volllast Pfeifftöne von sich gab. Es wird ein Tauschgetriebe geliefert – es entstanden keine Kosten.

2010: Im Herbst 2010 wurde der Öldrucksensor undicht, enormer Ölverlust. Nach Reparatur durch die Werkstätte vor Ort wurde das restliche Getriebeöl bei 1.750 Betriebsstunden von mir abgelassen.

Die Überraschung war groß, als Zahnradspäne, Sägeringteile und Rollen von Lagern am Grobsieb zu finden waren. In der Werkstatt wurde der Traktor laut Werkstättenleiter nochmals gereinigt und das Ölservice fertig gemacht. Ab 2010 wurde der Traktor nur mehr als Pflegetraktor verwendet.

2015: Im April 2015 kam es während der Anfahrt zum Feld zu einem kapitalen Getriebeschaden.

Mit allgemeiner Ratlosigkeit wurde das defekte Getriebe in der Werkstätte von mir und den Mechanikern begutachtet.

it der Geschäftsführung des Lagerhauses und mit John Deere Österreich wurde über die Reparaturkosten verhandelt. Nach ca. einem Monat wurden die Verhandlungen von mir abgebrochen und der Traktor von mir zu einer professionellen Werkstatt in Bayern überstellt. Dort wurde das ZF ECCOM Getriebe repariert und das Differentialgetriebe komplett zerlegt und gereinigt.

Der Profi in Bayern überbrachte mir nach der Reparatur ein Plastiksackerl mit einem zerknitterten Putzfetzen, welchen er aus dem Getriebe entfernt hatte. Dieser hatte die Schmierleitungen verlegt, und den Getriebeschaden des Planetenantriebes im ECCOM-Getriebe verursacht.

Weil ich einen Rechtsstreit ausgeschlossen habe, und weil die Reparaturarbeiten auch von keinem gerichtlich beeideten Sachverständigen verfolgt wurden, bleibe ich auf 15.000 Euro Reparaturkosten sitzen.“

Stellungnahme Lagerhaus

Die Geschäftsführung des Lagerhauses St. Pölten gab mir dazu folgende Stellungnahme:

„Es ist korrekt, dass Herr Gerhard B. bei seinem Traktor einen Parksperrenschaden im September 2004 hatte und im November 2005 aufgrund auftretender Geräusche das Getriebe getauscht wurde. Beide Reparaturen wurden auf Kosten des Herstellers durchgeführt.

Die Reparaturen wurden entsprechend den Vorgaben des Herstellers sachgemäß in unserer Werkstätte durchgeführt.

Laut unseren Fachkräften und auch den Technikern des Herstellers kann kein kausaler Zusammenhang zwischen den Reparaturen von 2004/05 und dem nun auftretenden Getriebeproblem festgestellt werden. Weiters sprechen die Zeitabstände von fast zehn Jahren gegen die Theorie von Herrn B.

Trotzdem wurde Herrn B. ein sehr kulantes Angebot seitens unserer Werkstätte und des Herstellers für ein Tauschgetriebe offeriert, welches er leider abgelehnt hat.

Es ist technisch nicht nachvollziehbar, dass sich Späne oder Putzfetzen fast zehn Jahre im Getriebe ohne zeitnahe Schädigung des Getriebes befinden bzw. durch das Ansaugsieb in das Getriebe mit einer Maschenweite von 0,28 +/-0,06 mm gelangen können.

Wir bedauern den Unmut und die Umstände, welche Herr B. durch den Schaden hatte und bedauern sein Ablehnen unseres Kulanzvorschlages.“

Was bleibt, ist ein beträchtlicher Schaden für Herrn B. und die Fragen:

Wie kam der Putzfetzen ins Getriebe? Und war nach zehn Jahren der Fetzen am Ende stärker als das Traktor-Getriebe?