Auf der Alm gibt’s keine Sünde, dafür meist viele Zäune, die erhalten werden müssen. Unangenehm, wenn nicht klar ist wer für die Erhaltung verantwortlich ist. Was tun?
Eine Familie aus Österreich schreibt mir: „Unsere Familie besitzt Anteile auf einer Gemeinschaftsalm. Im Sommer werden Rinder von tierhaltenden Anteilhabern und Zinsvieh aufgetrieben. Insgesamt sind es rund 70 Großvieheinheiten (GVE). Im Almgebiet befinden sich Wiesen, welche von den jeweiligen Besitzern bewirtschaftet werden. Diese Wiesen sind eingezäunt und somit für das Almvieh nicht zugänglich.
Eine Wiese ist mit einem nicht-intakten Holzrindenzaun eingezäunt. Jahre zuvor wurde dieser immer vom Besitzer erneuert und intakt gehalten. Der Besitzer bezog dafür ÖPUL-Förderungen (Österreichisches Programm für Umwelt und Landwirtschaft) im Zuge eines Maßnahmenprojektes.
Das Material für die Instandhaltung wurde von der Agrargemeinschaft zur Verfügung gestellt. Dies alles war eine mündliche Vereinbarung zwischen dem Bauern und der Agrargemeinschaft.
In den vergangenen Jahren konnte der Verfall des Zaunes beobachtet werden und im vergangenen Sommer war das Weidevieh schwer davon abzuhalten, die Wiese nicht zu betreten.
Im vergangenen Monat hatten wir die Vollversammlung der Agrargemeinschaft und dieser besagte Besitzer zeigte sich empört über die mangelhafte Beaufsichtigung des Weideviehs und verlangt von der Agrargemeinschaft, seinen Zaun wieder herzustellen. Er wird diese Maßnahme nicht ergreifen, so sein Statement zur Lage.
Ist die Agrargemeinschaft dazu verpflichtet?
Was sollen wir in Anbetracht dieser Situation unternehmen?“
Tierverwahrung, Zauninstandhaltung
Nach den obigen Informationen besteht eine mündliche Vereinbarung zwischen der Agrargemeinschaft und einzelnen Mitgliedern, die über die nicht zur Viehweide genutzten Wiesengrundstücke verfügen. Nach dieser Vereinbarung haben diese Mitglieder sich verpflichtet, die nicht weidemäßig genutzten Wiesengrundstücke einzuzäunen, und dafür auch eine ÖPUL-Förderung erhalten.
Andererseits regelt mangels abweichender Vereinbarung das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch die Verwahrungspflicht und Tierhalterhaftung wie folgt:
„Wird jemand durch ein Tier beschädigt, so ist derjenige dafür verantwortlich, der es dazu angetrieben, gereizt oder zu verwahren vernachlässigt hat. Derjenige, der das Tier hält, ist verantwortlich, wenn er nicht beweist, dass er für die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung gesorgt hatte.“
Damit ergibt sich: Wenn der Nachweis der mündlichen Vereinbarung – abweichend von der gesetzlichen Tierhalterhaftung für Schäden – (hier also das Abgrasen der Wiese) erbracht werden kann, müsste der betreffende Wiesenbesitzer seiner Zaunerhaltungspflicht nachkommen.
Aber: Die Glaubwürdigkeit von mündlichen Absprachen unterliegt im Streitfall der Beweiswürdigung
Ob das Mitglied dafür eine Beihilfe erhält oder nicht, steht mit dem geschilderten Problem rechtlich nicht in direkter Verbindung, wohl aber kann es als Anreiz gesehen werden.
Kann auf Grund dieser Rechtssituation keine einvernehmliche Lösung gefunden werden, ist bei Streitigkeiten die Agrarbehörde zur Beilegung und Entscheidung berufen.
Um die Angelegenheit auch ohne Einschaltung der Agrarbehörde lösen zu können, wäre zu überlegen, ob die vorgenannte ÖPUL-Förderung zur Zaunerhaltung auch der Agrargemeinschaft und nicht nur dem einzelnen Mitglied zugutekommen könnte.
Wieder einmal sieht man, was mündliche Vereinbarungen wert sind. Im Zweifel wenig. Daher mein oft geäußerter Rat: Was mündlich gilt, sollte schriftlich festgehalten und mit Unterschrift aller Beteiligten besiegelt werden. Damit erspart man sich Ärger und eine böse Nachbarschaft.
Nur was feststeht, steht fest. Das gilt sowohl für Zäune, als auch für rechtliche Vereinbarungen.
Sie wollen uns Ihre Meinung zum Thema sagen? Schreiben Sie uns:
hans.meister@landwirt-media.com, Tel.: 0043 316/821636-167, Fax: DW 151
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