Die deutsche Handelskette Kaufland listet ab sofort auch Schweinefleisch der Haltungsform Stufe 1 (Stallhaltung entsprechend den gesetzlichen Mindeststandards) aus seinem Sortiment aus, und zwar alle Fleischstücke außer Innereien und Filet. Und Lidl will ebenfalls „nahezu sein gesamtes Schweinefrischfleischsortiment bis Ende 2021 auf die Haltungsformstufe 2“ (mind. 10% mehr Platz pro Tier) umstellen. Das haben die beiden Tochterunternehmen der Schwarz-Gruppe Anfang Juli 2021 mitgeteilt. Geflügelfleisch aus der Haltungsstufe 1 hatten die beiden Einzelhandelsfirmen bereits zuvor ausgelistet.
In den Frischetheken von Kaufland gibt es laut dessen Angaben seit 2019 Fleisch von Schwein, Pute und Hähnchen ausschließlich aus der Haltungsstufe 3 (beim Schwein: u.a. 40 % mehr Platz, Außenklima- oder Offenstall, GVO-freie Fütterung). Auch im SB-Bereich werde seit 2019 bundesweit Schweinefleisch der dritten Haltungsstufe angeboten. Ziel sei es, nachhaltigere Standards in der Tierhaltung zu etablieren, erklärte der Geschäftsführer Einkauf Frische bei Kaufland, Stefan Rauschen. Das erreiche man nicht durch Absichtsbekundungen, sondern indem man konkrete Maßnahmen umsetze und mit der gesamten Prozesskette zusammenarbeite, so Rauschen. Vor diesem Hintergrund wolle Kaufland die Kooperationen mit seinen „Vertragslandwirten für Schweinefleisch“ bis 2023 verdoppeln.
„Bauern sind die Leidtragenden“
Ende Juni 2021 hatte Aldi angekündigt, sein Frischfleischsortiment bis 2030 auf die Haltungsstufen 3 und 4 umzustellen. Rewe zog wenig später mit derselben Ankündigung nach. Der agrarpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Artur Auernhammer, kritisierte heute, dass es im Lebensmitteleinzelhandel zu einem „Überbietungswettbewerb“ gekommen sei.
Leidtragende dabei seien die Bauern, betonte Auernhammer. Denn Umbaumaßnahmen und Investitionen könnten nicht von heute auf morgen getätigt werden. Hierfür brauche es ein Konzept, wie es die Borchert-Kommission in der zu Ende gegangenen Wahlperiode erarbeitet habe und das nach der nächsten Bundestagswahl umgesetzt werden solle. Anderenfalls würden viele, insbesondere kleine Betriebe, auf der Strecke bleiben, warnte der CSU-Politiker.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) hatten vergangene Woche bereits auf Hürden bei der Umsetzung verwiesen, etwa im Genehmigungsrecht und in der Finanzierung in der Landwirtschaft. Wenn diese nicht überwunden würden, könnten die erforderlichen Angebotsmengen nicht bereitgestellt werden.
Investitionen in die Tierhaltung: „Von welchem Geld?“
Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands meint zu den Plänen des LEHs:
„Während die Schweinehalter um ihr berufliches Überleben kämpfen, fordern viele Lebensmitteleinzelhändler die Umstellung auf höhere Haltungsstufen. Die Investitionen dafür müssen die Schweinehalter tätigen. Aber von welchem Geld? Selbst wenn jemand die Investition tätigen könnte, fiele es momentan schwer zu glauben, dass sich die Investitionen am Ende auch auszahlen. Die aktuelle Situation schafft nicht gerade Vertrauen, dass das Fleisch von Schweinen der Haltungsstufe 3 oder 4 am Ende entsprechend ins Geld gebracht werden kann. Erst wenn wir auskömmliche Preise für die Haltungsstufen 1 und 2 haben, kann man über eine Zukunft mit den Haltungsformen 3 und 4 weiterdiskutieren.
Aldi Süd hebt Fleischpreis an
Laut lebensmittelzeitung.net gibt Aldi Süd die höheren Kosten für Tierwohlfleisch nun an die Verbraucher weiter. Seit Anfang Juli 2021 werden eine Reihe von Frischfleischartikeln 10 bis 30 Cent pro Packung teurer verkauft als noch im Juni. Der Grund dafür dürfte laut Medienberichten die Umstellung der Produkte auf die Haltungsform 2 sein.
Kommentare