Als Meilenstein wurde die neue Photovoltaikförderung von der österreichischen Politik gepriesen. Doch weit gefehlt. Die Probleme in der Abwicklung sind riesig.
Fatale Systemumstellung
Auf Basis des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) kam es zu einer Neuordnung. Seit April 2022 läuft die Antragstellung für die Photovoltaikförderung nicht mehr wie bisher über den Klima- und Energiefonds, sondern über die vom Klimaschutzministerium beauftragte Ökostromabwicklungsstelle OeMAG. Das altbewährte System mit Registrierung, Anlagenerrichtung und darauffolgender Abrechnung wurde beerdigt. Die Fördersätze wurden zwar erhöht und das Fördervolumen mit ursprünglich 240 Millionen Euro war tatsächlich enorm. Die Bundesregierung schoss rund 60 Millionen Euro nach, um die offenen Anträge aus dem alten Förderregime zu befrieden.
Doch die Neuvergabe via sogenannten „Calls“ (vier Vergabetermine) indes brachte den Interessenten viel Ärger und Frustration. Schon beim ersten Vergabetermin im April wurden 30.000 Anmeldetickets innerhalb von 45 Minuten gezogen, die Hälfte davon in den ersten fünf Minuten.
Dieser Ansturm auf eine mögliche Investförderung wurde von Call zu Call rasanter. Bei der vierten und letzten Antragsrunde gab es gut 23.600 Anträge in den ersten fünf Minuten; nach einer Stunde waren es 38.600.
„Lotterie“ statt Sicherheit
Glücklich für jene, die in den wenigen Vergabeminuten einen gültigen Antrag stellen konnten und damit ein Ticket (Bestätigung) erhalten haben. Doch diese „Online-Lotterie“ fand ihre Fortsetzung auf mehreren Ebenen. Denn dem Run auf die Förderung kann die Wirtschaft nur schwerlich folgen. So gab und gibt es bei einzelnen Anlagenkomponenten wegen der großen Nachfrage Lieferverzögerungen bis zu einem Jahr. Aber auch die spezialisierten Elektrotechniker können die vielen Anfragen für Neuinstallationen nur langsam abbauen.
Außerdem braucht es für die Förderzusage mit all ihren Fristen einen so genannten Einspeisezählpunkt, der beim Stromnetzbetreiber anzufragen ist. Die Bearbeitung der angefragten Zählpunkte dauert bei den Netzbetreibern teils mehrere Monate. Da die Calls zeitlich befristet sind, ging sich das oft zeitlich nicht rechtzeitig aus. Das bedeutete zudem, dass die Angebote der Lieferanten für das Material oft auch verfielen. Das neue Fördervergabesystem brachte so einen Rattenschwanz an Folgeproblemen, die man ganz offensichtlich schwer unterschätzt hat. Zudem wird bei größeren Anlagen erst nach Vorliegen aller Unterlagen entschieden, ob es wirklich staatliches Fördergeld gibt.
Nach den ersten drei Call-Terminen wurden letztlich weniger als die Hälfte der abgegebenen Anträge berücksichtigt. Für die restlichen Anträge sei eben nicht mehr ausreichend Förderbudget vorhanden gewesen.
(Rechts)Sicherheit und politische Weitsicht schauen sicherlich anders aus.
Länder gegen Bund
Einzelne Bundesländer unter Führung von Niederösterreich probten den Aufstand gegenüber der Bundesregierung und forderten eine Systemreform ein. So sollte es für kleine Photovoltaikanlagen bis 20 kWp ein Prämiensystem mit einer Einmalzahlung geben, die ausbezahlt wird, sobald die Rechnung für die Anlage eingereicht worden ist.
Damit solle losgelöst von den Förderstichtagen eine kontinuierliche Unterstützung aller geplanten Projekte sichergestellt und auch eine Antragstellung im Nachhinein wieder möglich werden.
Diesen Verbesserungsvorschlägen kam das für die Photovoltaikförderung zuständige Klimaschutzministerium nicht nach. Allerdings soll es für Photovoltaikanlagen bis 20 KWp ab 2023 folgende Erleichterungen geben:
- Die für eine Förderung einzuhaltende Frist für die Inbetriebnahme beträgt künftig zwei Jahre anstatt nur eines.
- Die Montage darf künftig schon vor dem Beantragen der Förderung in Auftrag gegeben werden.
Für Anlagen der Kategorie B (10 bis 20 KWp) gelten künftig fixe Fördersätze; außerdem sollen die Anträge auf Investzuschuss nach Einlangen gereiht werden. Bislang gab es dies nur für Anlagen der Kategorie A (bis 10 KWp).
Klimawende ade?
So wird die von der Politik ausgerufene Energiewende kaum zu schaffen sein, kritisierte vor Weihnachten auch das renommierte Wirtschaftsmagazin „trend“ (siehe Kasten). Vor allem die Biomasse- und Biogasförderung wird extrem stiefmütterlich behandelt. Hier fehlt seit Jahren ein adäquates staatliches Fördermodell, was vor allem auch landwirtschaftliche Betreiber sehr ärgert.
Vielleicht geschieht noch ein Wunder und die grüne Energie- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler wacht endlich auf. Zeit wär´s!
Liste der Unzulänglichkeiten bei der Energiewende
Unsinnige Gesetze, Bürokratie und Förderdschungel
Österreichs Energiewende droht kolossal zu scheiten. Zu diesem Befund kam jüngst das Wirtschaftsmagazin „trend“. In der Ausgabe vom 7.12.2022 wird das Sündenregister von Politik und Verwaltung schonungslos aufgelistet. Die wichtigsten Kritikpunkte:
> Windhundrennen um Photovoltaikförderung: Nur 16 % der Produktionskapazitäten haben auch eine Förderung bekommen, weil die Kontingente Minuten nach Antragsbeginn ausgeschöpft waren.
> Energiegemeinschaften ohne Energie: Die staatlich beauftragte OeMAG zahlt Höchstpreise für private Einspeiser. Damit fehlen den Energiegemeinschaften Mitglieder, die Sonnenstrom liefern.
> Die Politik bremst die Biomasse: Die Biomassebranche läuft seit Jahre einem Förderschema wie beim Ökostrom nach und bekommt keines. Stattdessen stellt die EU die geförderte Nutzung von Holz aus dem eigenen Wald überhaupt in Frage.
> Biogas in der Warteschleife: Ein Fördergesetz für erneuerbares Gas liegt vor – wird aber nicht beschlossen.
> Gewinnabschöpfung zweiter Klasse: Auch bei den Erneuerbare-Energie-Produzenten sollen nun „Übergewinne“ abgeschöpft werden – berechnet nach dem Umsatz (vor Abzug der Kosten). Die fossilen Kollegen dürfen zuerst ihre Kosten abziehen und werden dann erst beim Gewinn belastet.
> Förderblock statt Holzblock: Biomassekraftwerke werden nur bis 5 MW Leistung gefördert. Das beschleunigt den Großeinsatz in der Industrie nicht wirklich.
> Fossile Abgabe für grünes Gas: Auch die Biogasproduzenten müssen die Erdgas-
abgabe zahlen. Eine EU-rechtlich mögliche Neuregelung ließ Österreich ungenutzt verstreichen.
> Fördergesetz in Verordnungsfalle: Das neue Ökostromgesetz EAG kann nun erst nach drei Novellierungen und sieben regierungsintern extra abzustimmenden Verordnungen exekutiert werden.
> Tanken nach Minuten: Das Eichgesetz wurde nicht für öffentliche E-Autoladestationen angepasst. Es wird nach Zeit und nicht nach getankter Menge abgerechnet.
> Wer bei Förderungen wirklich abcasht: So zeigen sich auch Mitnahmeeffekte bei den Geräteherstellern: Statt 1x pro Jahr diktierten sie 2022 den Heizkesselhändlern gleich 2 Preiserhöhungsrunden.
> Wärmepumpen können mehr: Die 40 Grad-Beschränkung als Fördervoraussetzung ist grotesk.
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