LandlebenFamilieStreitpunkte bei der bäuerlichen Hofübergabe

Streitpunkte bei der bäuerlichen Hofübergabe

Von Gerhard PUTZ

Wer soll übernehmen?

Nicht alle Schwiegereltern zeigen sich hellauf begeistert, wenn auch das Schwiegerkind mitübernehmen will. Früher war das üblich, da selbiges in der Regel hauptberuflich mitarbeitete und so zusätzlich motiviert werden sollte. Meistens wurde zeitgleich eine Gütergemeinschaft errichtet. Diese Voraussetzungen haben sich in der Zwischenzeit geändert. Gütergemeinschaften werden aufgrund des Haftungsrisikos nicht mehr vereinbart und die (Schwieger-)Kinder haben häufig auch einen außerlandwirtschaftlichen Beruf. Die Frage, ob Alleineigentum oder Miteigentum sinnvoller bzw. gerechter ist, lässt sich daher nur anhand der Umstände im Einzelfall beantworten. Arbeitet das Schwiegerkind überhaupt nicht am Betrieb mit und investiert es auch kein Geld, so wäre zu überlegen, ob hier Miteigentum gerechtfertigt ist. Ein Schwiegerkind, das hauptberuflich mitarbeitet, bedarf – vor allem wenn es nicht Miteigentümer wird – der entsprechenden Absicherung. Investiert es auch sein (vielleicht außerlandwirtschaftlich verdientes) Geld, wäre zu regeln, ob bzw. wie diese Investitionen im Trennungsfall abgegolten werden. Erhält das Schwiegerkind seine Aufwendungen mit oder ohne Wertsicherung zurück, werden z.B. bauliche Investitionen nach dem Zeitoder einem sonstigen Wert ersetzt? Wird die Arbeitsleistung nach Stundenaufwand berücksichtigt oder gibt es eine pauschale Abgeltung? Wird diese nach Ehejahren berechnet? Besteht Miteigentum, kann das Schwiegerkind im Extremfall den Verkehrswert seines Anteils fordern. Für diesen Fall wäre eine Vertragsklausel überlegenswert, ob das Schwiegerkind, gegen obige Abgeltungen, seinen Anteil an das Hauskind übertragen muss. Manche fordern eine Regelung, derzufolge die Person, die wegzieht, diese Entschädigung bekommt – egal ob es sich um das Schwiegeroder Hauskind handelt. Vor der Übergabe sollten diese Überlegungen – unter Einbeziehung des Schwiegerkindes – hoffentlich zu einer einvernehmlichen und fairen Regelung führen.

Wer kocht, pflegt und putzt?

Früher hätte man ohne zu zögern, „die (Schwieger-)Tochter“ geantwortet. Ja, früher! Rechtlich muss diese vereinbarten Leistungen der Vertragspartner erbringen. Übernimmt nur das Hauskind, hat auch nur dieses die Verpflichtung. Sind dessen Kreationen ungenießbar oder fürchtet man sich davor, vom mitübernehmenden Schwiegerkind vergiftet zu werden, wäre eine spezielle Regelung sinnvoll (z.B. Essenszustelldienst). Wenn es sich die Übergeber selbst leisten können, Essen und Pflege zu bezahlen, ist immer noch zu überlegen, wer das organisiert, wenn die Betroffenen selbst dazu nicht mehr in der Lage sind. Wird die Pflege übernommen, sollte diese lediglich bis zu einer vereinbarten Pflegegeldstufe geschuldet werden und nur solange dies den Übernehmern möglich und zumutbar ist. Die freiwillige Übernahme von Pflegeheimkosten wird heutzutage ausdrücklich ausgeschlossen, und oft wird zusätzlich vereinbart, dass sämtliche Ausgedingsleistungen (mit Ausnahme der Übernahme der Begräbniskosten) nur so lange geschuldet werden, als sich die Übergeber dauerhaft auf dem Übergabeobjekt aufhalten.

Was geschieht nach dem Tod des Übernehmers?

Oft haben die Übergeber Angst, dass der Hof nach dem Tod des Hauskindes in fremdes Eigentum (z.B. die Kinder aus einer zweiten Ehe) übergehen könnte. Hat das Hauskind keine Regelung (etwa mittels Testament) getroffen, gilt die gesetzliche Erbfolge. Sind Kinder und ein/e Ehepartner/in vorhanden, erbt der/die Partner/in ein Drittel des Nachlasses, die restlichen zwei Drittel werden zwischen den Kindern (unabhängig von ihrer Anzahl) aufgeteilt. Handelt es sich um einen Erbhof (dieser kann zwei bis 40 Personen erhalten und steht im Alleineigentum oder im Miteigentum von Ehegatten bzw. eines Elternteils und eines Kindes), ist das Anerbengesetz (Tirol: Höfegesetz und Erbhofgesetz; Kärnten: Erbhöfegesetz) anzuwenden und wird ein geeigneter Anerbe auserwählt, der allein den Hof bekommt. Zwei bäuerliche Sachverständige bestimmen den Übernahmswert, also den Wert, der ausgezahlt werden kann, ohne dass der Hof in seinem Wohlbestehenkönnen gefährdet ist. Dieser wird anstelle des Erbhofes der Erbmasse zugerechnet. Anschließend wird das Verlassenschaftsvermögen der gesetzlichen Erbfolge entsprechend verteilt. Verkauft der/die Übernehmer/in binnen zehn Jahren wesentliche Teile des Hofes ohne das Geld binnen weiterer zwei Jahre in den Hof zu investieren, können die weichenden Erben eine Nachtragserbteilung fordern.

Sind die Vertragspartner mit dieser Verteilung nicht einverstanden, können sie vorab vereinbaren, dass der Betrieb in solch einem tragischen Fall an die Kinder aus erster Ehe übertragen werden muss oder wieder an die Übergeber bzw. ein anderes Familienmitglied zurückfällt.

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