KommentarTotale Überwachung oder gutes Service?

Totale Überwachung oder gutes Service?

Mit der neuen Förderperiode für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) gibt es einschneidende Änderungen. So gibt es neue Antragszeitpunkte (ÖPUL bis Jahresende für geplante Maßnahmen im Folgejahr, MFA-Abgabe bis längstens Mitte April) und auch die Handy-Signatur wird verpflichtend. Diese dient als neue und aus Sicht der Datensicherheit für die AMA zwingend nötige personenbezogene Authentifizierung für das Absenden von Anträgen und Korrekturen im eAMA-System.

Hinzu kommt ein im Rahmen des Invekos (Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem) EU-weit verpflichtendes Flächenmonitoring, das sich auf Fernerkundungsmethoden stützt. Dabei werden mit Satellitenbildern die Förderauflagen der flächenbezogenen Beihilfen (Direktzahlungen, AZ und ÖPUL) aller Betriebe mit der Situation in der Natur laufend abgeglichen.

Weniger „AMA-Besuche“ durch Flächenmonitoring

Mit dem Flächenmonitoringsystem (FMS) der AMA anhand von Satellitendaten werden aber keine Flächenvermessungen durchgeführt, sondern künftig bei allen Betrieben „monitoringfähige Sachverhalte“ geprüft. Dabei handelt es sich etwa um Flächenversiegelungen, Wechsel zwischen Dauerkulturen, Acker und Grünland, Kulturgruppen (grober gegliedert als Schlagnutzungsarten), Mähzeitpunkte Grünland und Ackerfutter, Ernteereignis Ackerkulturen, Bodenbedeckung für Zwischenfrüchte sowie Bracheflächen.

Die Bilddaten stammen von den frei verfügbaren Satelliten „Sentinel“ des EU-Programms „Copernicus“ und enthalten keinerlei betriebs- oder personenbezogenen Daten. Diese Satelliten liefern alle drei bis fünf Tage aktuelle Bilder aller Flächen von Österreich.

Die monitoringfähigen Sachverhalte werden zu 100 % einer Verwaltungskontrolle unterzogen, die im Gegenzug die bisherige Vor-Ort-Kontrolle dieser Sachverhalte obsolet machen und die darüber hinaus nötigen Vor-Ort-Kontrollen von derzeit 5 % auf 3 % der Betriebe reduzieren soll.

Handlungsbedarf für den förderwerbenden Landwirt (Antragsteller) entsteht nur dann, wenn auf Basis der Satellitendaten eindeutig ein Unterschied zwischen in der Natur (via Satellitenaufnahmen) vorgefundenen Sachverhalten und der Beantragung im MFA festgestellt wird (z.B. Weizen an statt Mais).

Im Gegensatz zu den bisherigen Vor-Ort-Kontrollen kann der Bauer fehlerhafte oder nicht eingehaltene Beantragungen binnen 14 Tagen korrigieren und es gibt seitens der AMA – im Unterschied zur bisherigen Vorgangsweise – keine unmittelbaren Sanktionen.

AMA-App: Für allfällige Korrekturen stellt die AMA ab März 2023 die eigene „AMA-MFA Fotos App“ (erhältlich im Google Play Store und in der Huawei App Gallery bzw. ab Juni auch im iOS App Store) zur Verfügung. Damit kann man schnell und einfach zu einem beantragten Schlag mit festgestellten Unterschieden einen Fotonachweis oder eine Korrektur an die AMA übermitteln, ohne dafür extra – wie bisher – ins eAMA-System einsteigen zu müssen.

Agraratlas und Geodaten als reine Servicetools

Mit dem Agraratlas hat das Landwirtschaftsministerium (BML) die schon bisher öffentlich zugänglichen Geodaten kartografisch als Service für die Landwirte aufbereitet. Die Datengrundlagen stammen unter anderem von der AMA, dem Umweltbundesamt, dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen und dem BML.

Im Agraratlas werden die Schläge, Gebietsabgrenzungen, Seehöhen oder auch das Gewässernetz und die Schutzgebiete dargestellt. Die dazu bereitgestellten Karteninhalte findet man im Bereich „Suche“ auf agrarportal.inspire.gv.at.

Im Gegensatz zum Flächenmonitoring handelt es sich bei den Agraratlas-Bildern um keine Satellitenbilder, sondern um Luftbilder. Diese werden circa alle drei Jahre durch aus Flugzeugen geschossene Fotos erneuert und wurden bisher schon vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen den Ländern für deren Geodatensysteme zur Verfügung gestellt.

Im Agraratlas werden die bereits vorhandenen digitalen Informationen zusammengeführt. Die Daten des Sentinel-Satelliten werden aber nicht unmittelbar eingespeist.
Quelle: screenshot

Wichtig: Die Darstellungen und Daten im Agraratlas können auch stark von den (aktuellen) Daten im eAMA-System abweichen. Die anonymisierten Schlagnutzungsdaten im Atlas stammen aus dem vergangenen AMA-Antragsjahr. Der Agraratlas hat daher ausschließlich Informationscharakter und besitzt
keinerlei Rechtsverbindlichkeit. Zudem unterstützt er Bio-Betriebe bei der maßgeblich bei der Erfüllung ihrer Informationspflicht im Rahmen seit 2022 zu treffenden Vorsorgemaßnahmen.

Für wen oder was ist der Atlas dann gut? Laut BML und LK scheinen auf den digitalen Karten in erster Linie Dateninhalte, die im Kontext der Konditionalität sowie der ÖPUL-Maßnahmen von Relevanz sind, auf. Damit werden Anbauplanung, Flächenbewirtschaftung sowie Teilnahmen an den ÖPUL-Maßnahmen erleichtert.

Fazit: Kein Kontrollabgleich nur bei Ausstieg

„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist sicherer.“ Daher muss jedes EU-Land seit heuer ein verpflichtendes Flächenmonitoring mit Satellitenbildern durchführen. Das mag den Landwirten sauer aufstoßen, viele mögen gar an eine wöchentliche Vor-Ort-Kontrolle via Satellit denken. Doch das hilft wenig.

Die AMA muss bei eindeutig festgestellten Unterschieden den jeweiligen Landwirt zur Stellungnahme bzw. Überprüfung und Korrektur seiner gemachten Antragsdaten auffordern. Der Vorteil gegenüber einer Vor-Ort-Kontrolle ist die zweiwöchige „Reparaturfrist“, die sanktionsfrei zugestanden wird. Will man keinerlei „Überwachung“, hilft nur der vollständige Ausstieg samt GAP-Geldverzicht.

 

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