RindMilchviehWas Hitzestress mit Kühen macht

Was Hitzestress mit Kühen macht

Kühe Hitze Wasser
Das Thema „Hitzestress“ betrifft alle Milchviehbetriebe, wobei die Symptome unterschiedlich stark ausgeprägt sein können.
Quelle: Vetta

Die sichtbaren Effekte von Hitzestress in unseren Milchviehherden sind vor allem vermehrtes Stehen der Tiere in den Gängen, intensivere Atmung, Rückgang der Futteraufnahme, verminderte Milchleistung, schlechtere Fruchtbarkeit, aber auch Euterentzündungen und Klauenprobleme. Rinder leiden bei einer Temperatur von 24 °C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70 % bereits an leichtem Hitzestress.

Langes Stehen belastet die Klauen

Beim Stehen kann die Kuh Hitze über die gesamte Körperoberfläche abgeben. Doch während im Gehen eine abwechselnde Be- und Entlastung stattfindet und somit eine gute Durchblutung der Lederhaut gewährleistet ist, kommt es beim Stehen zu einer permanenten Kompression der Gefäße und einer Schädigung der hornbildenden Schicht. Mangelnde Klauenpflege und dabei vor allem eine zu geringe Hohlkehlung an der Sohle führen in der Folge zu Klauensohlengeschwüren. Vielfach stehen die Tiere auch mit den Vorderbeinen in den Liegeboxen, während die Hinterbeine auf Spaltenböden oder Schrapperbahnen besonders belastet werden. Daraus resultieren vermehrt Wanddefekte an den hinteren Außenklauen.

Die Folgen dieser Überlastungen sind meist erst ein bis zwei Monate verzögert in Form vermehrter Lahmheiten zu sehen.

Acidoserisiko steigt, Fruchtbarkeit leidet

Durch geringere Futteraufnahme versuchen die Kühe auch ihre Stoffwechselleistung und damit die Wärmeproduktion zu vermindern. Dabei zeigt sich, dass die Tiere eher in der Nacht fressen als tagsüber während der heißen Stunden. Da sie bei Transponderfütterung das Kraftfutter dennoch abholen, besteht ein erhöhtes Risiko für Pansenacidosen. Aber auch bei TMR-Fütterung führen eine geringere Futteraufnahme und kürzere Liege- und Wiederkauzeiten zu einem pH-Wert-Abfall im Pansen.

Milchfettgehalt sinkt ab

Ein Zeichen dafür ist eine Verminderung des Milchfettgehaltes während der heißen Sommermonate. Die direkten Auswirkungen von Hitze auf den Stoffwechsel wurden in Versuchen mit Kühen in Heizdecken untersucht.

Dabei zeigten sich Schäden in der Darmwand, was zu einer höheren Durchlässigkeit von Giftstoffen, Entzündungsmediatoren und Bakterien führte. Daraus lässt sich auch die erhöhte Gefahr von Euterentzündungen erklären.

Brunst flacht ab

Bei Kühen mit Hitzestress ist eine verminderte Brunstaktivität und damit verbunden eine geringere Brunsterkennungsrate festzustellen. Auch die verminderte Eizellenqualität, die zu einer schlechteren Befruchtungsrate führt, sowie eine höhere Zahl von embryonalem Frühtod reduzieren die Fruchtbarkeitsleistung der Kühe.

Energiezufuhr sicherstellen

Passen Sie bei steigenden Temperaturen die Futtervorlage dem Fressverhalten an. Füttern Sie abends frisch ein, da die Rinder in Hitzeperioden während der Nachtstunden mehr fressen.

Ideal sind automatische Futternachschieber, die auch nachts dafür sorgen, dass die Tiere das Futter erreichen. Um trotz verminderter Futteraufnahme ausreichend Energie bereitzustellen, sollten Sie in dieser Phase besonders hochwertige Grundfuttermittel einsetzen. Das sichert eine ausreichende Faserversorgung trotz hoher Energiedichte. In solch kritischen Phasen haben sich auch Pansenpuffer wie Natriumbicarbonat und Hefen als vorteilhaft erwiesen.

Mineralstoffe ergänzen

Da auch Kühe schwitzen, steigt der Mineralstoffbedarf – vor allem an Natrium – an. Tröge mit Viehsalz ermöglichen den Tieren eine rasche Aufnahme entsprechender Mengen. Auch die Qualität des Futters, vor allem bei Mischrationen, leidet bei hohen Temperaturen.

So kommt es rascher zu Nacherwärmungen, was neben dem Verlust von Energie auch eine geringere Futteraufnahme bedeutet.

Nacherwärmung vorbeugen

Zweimaliges Mischen pro Tag oder der Zusatz von Futtersäuren können hier Abhilfe schaffen. Das wichtigste Futtermittel bei Hitze ist natürlich Wasser. Zusätzliche Tränkestellen in Form von Wannen mit einfachen Schwimmern sind im Sommer in fast allen Stallungen einfach zu installieren und geben somit auch rangniedrigen Tieren die Chance für eine ausreichende Wasseraufnahme.

Transitkühe sind besonders gefährdet

Kuh Geburt Lüftung
Bei Hitze ist eine Kühlungsmöglichkeit im geburtsnahen Zeitraum besonders wichtig.
Quelle: Peinhopf

Die wichtigste und somit auch die gefährdetste Tiergruppe sind die Transitkühe. Eine verminderte Futteraufnahme und somit ein Energiedefizit vor der Geburt sind mitverantwortlich für viele Krankheiten im geburtsnahen Zeitraum. Neben Stoffwechselstörungen vor und nach der Kalbung sind besonders Nachgeburtsverhalten, Milchfieber und Labmagenverlagerungen typische Folgekrankheiten.

Daher sollten Sie gerade den trockenstehenden Kühen sowie der Geburts- und Frischmelkergruppe erhöhte Aufmerksamkeit schenken.

Trockensteher brauchen Abkühlung

„Sollte das Geld für nur einen Ventilator reichen, so muss er bei den Trockenstehern eingebaut werden!“, sagte einmal ein erfahrener Kollege aus den USA und traf damit den Nagel auf den Kopf. Neben der Ventilation ist aber auch die unterstützende Energieversorgung (z.B. Propylenglykol bereits vor der Geburt) und besonders eine ausreichende Wasserversorgung (mindestens zwei Tränken pro Abteil) von wesentlicher Bedeutung.

Sobald durch unterstützende Maßnahmen wie Ventilation und Fütterungsmanagement der Hitzestress vermindert und die Energieversorgung verbessert wird, entspannt sich meist auch die Mastitis- bzw. Zellzahlproblematik im Betrieb. Im Bereich der Fruchtbarkeit kann der vorübergehende Einsatz hormoneller Synchronisationsprogramme bei Einzeltieren zufriedenstellende Ergebnisse liefern.

Rechtzeitig gegensteuern

Tierärztliche Interventionen sind nach Hitzeperioden oftmals erst mit einiger Verzögerung nötig, da sich Klauenprobleme, Fruchtbarkeitsstörungen oder auch puerperale Erkrankungen (Nachgeburtsverhalten, Milchfieber, Ketose …) nicht immer unmittelbar zeigen.

Umso wichtiger sind Vorbeugemaßnahmen in technischer Hinsicht (Stallbau, Ventilation, Beregnung), aber auch im Management (Futterzuteilung, Rationsgestaltung, Wasserversorgung …) sowie eine gezielte tierärztliche Begleitung (Fruchtbarkeitsmanagement, Stoffwechselkontrollen …).

Dr. vet. med. Walter Peinhopf-Petz leitet die Abteilung Wiederkäuer bei DR VET – Die Tierärzte in Lang, Steiermark.

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