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Interview Ölkürbis Saatzucht Gleisdorf

Quelle: Edegger

LANDWIRT: Erstmals in diesem Jahr bekam die bewährte Maxim XL Beize keine Notfallzulassung in der EU. Welche Auswirkung hatte das auf den Anbau von Ölkürbissen?
Johann POSCH: 2023 war wahrlich kein gutes Jahr für Ölkürbisbauern. Die fehlende Beize hat uns sehr getroffen. In Verbindung mit dem schlechten Wetter im Frühjahr konnten wir nur
70 Prozent von normalen Jahren ernten. Bei manchen Landwirten war es noch schlechter.

Hat der Ölkürbis ohne Maxim XL dann überhaupt eine Zukunft?
POSCH: Auf jeden Fall. Wir haben dieses Jahr sehr viele Versuche angelegt, um hier alternative Beizmittel anbieten zu können. Leider gibt es bis jetzt noch keinen hundertprozentigen Ersatz für die bisherige Beize. Aber wir arbeiten daran. Es wird jedoch für den Anbau 2024 eine bessere Lösung geben, sobald die Genehmigungen vorliegen, werden wir die Ölkürbisanbauer aktuell informieren.

Die fehlende Beize ist eine Herausforderung. An welchen Problemen arbeiten Sie im Moment sonst noch?
Eveline ADAM: Natürlich ist der Klimawandel auch beim Ölkürbis ein Thema. Wir müssen unsere Sorten an das sich ändernde Klima und die neuen Schädlinge anpassen. Außerdem arbeiten wir nach wie vor an der Ertragssteigerung. Jeder Landwirt soll stabile Erträge auf seinen Feldern ernten und ein gutes Kernöl erzeugen können. Beim Kürbis hatten wir vor
25 Jahren Probleme mit dem Zucchini-Gelbmosaikvirus. Seitdem ist das Thema Krankheitsresistenz einer unserer Grundpfeiler in der Zucht.

Wenn Sie von der Virusepidemie sprechen: Wie hat sich Ihre Zuchtarbeit dadurch verändert?
ADAM: Ab diesem Zeitpunkt haben wir die Hybridzucht forciert. Vorher gab es beim Ölkürbis nur die Landsorten. Die Sorte Gleisdorfer Ölkürbis ist sicher noch einigen Landwirten ein Begriff. Schon wenige Jahre später haben wir mit Rustikal eine gute, virustolerante Sorte hervorgebracht. Sie ist heute noch die meistgesäte am Markt. Und seitdem arbeiten wir an immer besseren Hybridsorten.

Welche Namen sollten sich Landwirte da merken?
POSCH: In den letzten Jahren haben wir die Sorten GL Rudolf und GL Ferdinand auf den Markt gebracht. Ganz neu sind GL Ludwig und GL Johannes. Beide Sorten zeigen sehr gute Ergebnisse bei den Versuchen. Sie stehen derzeit noch in im Saatgutaufbau, kommen aber bald auf den Markt.

Wie kommt es, dass es nur so wenige Züchter für den Ölkürbis gibt?
POSCH: Bei uns in Österreich und speziell in der Steiermark spielt der Ölkürbis eine große Rolle. Auf jedem Reiseprospekt ist das Kernöl das steirische Aushängeschild. In vielen anderen Ländern kennt man den Ölkürbis aber gar nicht. Das macht diese Pflanze zu einer sehr regionalen Kultur. Außerdem ist die Kürbiszüchtung sehr kleinstrukturiert und mit viel Handarbeit verbunden, das macht auch nicht jeder.

Wie sind Sie auf den Ölkürbis gekommen?
POSCH: Das liegt an der Geschichte vom Ölkürbis. Der Ölkürbis, so wie ihn wir heute kennen, ist vor 140 Jahren durch eine zufällige Mutation in unserer Region entstanden. Vor dieser Mutation hatte der Kürbissamen eine harte Samenschale. Heute umgibt nur mehr ein dünnes Häutchen den Samen. Das macht das Ölpressen viel einfacher und verleiht dem Öl eine leuchtend grüne Farbe. Andererseits ist das auch der Grund, warum der Ölkürbis so empfindlich ist und so stark auf schlechte Anbaubedingungen reagiert. Außerdem fühlt sich der Kürbis bei uns klimatisch wohl, das erleichtert seine Züchtung.

Welche Tipps können Sie Landwirten für den Kürbisanbau geben?
ADAM: Extrem wichtig sind der richtige Anbauzeitpunkt und eine Bodentemperatur von 8–10 Grad Celsius. Das fördert eine gute Keimung und Jugendentwicklung der Kürbispflanzen. Hier muss man Geduld beweisen. Ein gut gesetztes Saatbeet ist ebenfalls eine Grundvoraussetzung für hohe Kürbiserträge. Im konventionellen Anbau muss man frühzeitig die Läuse bekämpfen. Zu guter Letzt sollte man eine Fruchtfolge mit einer Anbaupause von drei bis vier Jahren einhalten.

Was wünschen Sie sich und den Kürbisbauern fürs nächste Jahr?
POSCH: Auch wenn viele Landwirte dieses Jahr etwas vom Ölkürbis enttäuscht gewesen sind, sollten sie den Kopf nicht hängen lassen. Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, dass wir die Probleme mit der Beizung in den Griff bekommen und Landwirte auch in Zukunft wirtschaftlich Kürbisse anbauen können.

 

Zu den Personen

Johann Posch ist 66 Jahre alt und seit über 20 Jahren Geschäftsführer der Saatzucht Gleisdorf. Er kommt aus der Weststeiermark und ist zudem Landwirt. Mag. DI Eveline Adam leitet gemeinsam mit DI Maria Bernhard, M.Sc, die Zucht für Ölkürbis. Die Saatzucht Gleisdorf hat 20 Mitarbeiter und widmet sich den Kulturen Mais, Ölkürbis, Soja- und Ackerbohne.

 

Das Interview mit allen Details gibt’s es auf landwirt-media.com/podcast/ zum Nachhören.

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