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Schweinehalter müssen mutig entscheiden

Rudolf Wiedmann, Berater und Erfinder des “Pigport”-Stallsystems, findet: Ein zeitgemäßer Schweinestall braucht einen Auslauf.
Quelle: Wiedmann

LANDWIRT: In der Branche sieht es trotz derzeitiger Rekordpreise nicht rosig aus, besonders in Deutschland. Merken Sie das auch am Interesse an Beratungen zu alternativen Stallsystemen?

Rudolf WIEDMANN: Die Anfragen haben abgenommen, weil die Bauern ja nicht wissen, wie es weitergehen wird. Die vielen Jahre mit schlechten Preisen haben tiefe Spuren bei den Schweinehaltern hinterlassen. Jetzt haben wir zwar ordentliche Preise, aber die Landwirte trauen dem Geschäft nicht mehr. Abgesehen von den finanziellen Lücken ist der emotionale Schaden groß. Hinzu kommt die Kaufzurückhaltung der Verbraucher aufgrund der Inflation. Der Deutsche galt schon immer als der große Sparer, allerdings nicht bei Urlaub und Autos, sondern zuallererst bei Lebensmitteln. Das hört sich an, als wäre jetzt der beste Zeitpunkt, aus der Schweinehaltung auszusteigen. Ein Mitarbeiter einer Lehr- und Forschungseinrichtung sagte kürzlich bei einer Stallführung: ,Alle, die in Deutschland rechnen können, haben keine Schweine mehr.‘ Dem stimme ich grundsätzlich zu.

Rudolf Wiedmann (76) ist selbstständiger Berater für Schweinehaltung. Der studierte Agrarbiologe widmete sein Berufsleben der Verbesserung der Haltungsverfahren im Hinblick auf die Tiergesundheit, Arbeitsplatzqualität sowie Senkung der Investitions- und Betriebskosten. Zu seinen Erfindungen zählen:
• Wiedmann Kistenstall für Mast-schweine
• Wiedmann Schlitzrinne für Festmistverfahren (Innovationspreis Euro Tier 2006)
• Pigport-Ställe Typ 1, 2, 3, 4 und 5
• Klauenpflegestand für Sauen
• Freie Abferkelung in der KW-Bucht
Quelle: privat

Rudolf Wiedmann ist selbstständiger Berater für Schweinehaltung. Der studierte Agrarbiologe widmete sein Berufsleben der Verbesserung der Haltungsverfahren im Hinblick auf die Tiergesundheit, Arbeitsplatzqualität sowie Senkung der Investitions- und Betriebskosten.

Zu seinen Erfindungen zählen:
• Wiedmann Kistenstall für Mastschweine
• Wiedmann Schlitzrinne für Festmistverfahren (Innovationspreis Euro Tier 2006)
• Pigport-Ställe Typ 1, 2, 3, 4 und 5
• Klauenpflegestand für Sauen
• Freie Abferkelung in der KW-Bucht

Aufhören oder durchhalten – wie soll ein junger Schweinehalter das entscheiden?

Dazu gebe ich Ihnen ein Beispiel: Ein Betrieb verkauft 32 Ferkel pro Sau und Jahr, der andere 28. Beide sind also auf hohem Niveau unterwegs. Wichtig ist als erstes: Du musst was können. Ohne Leidenschaft und ohne Druck auszuhalten, schaffst du es prinzipiell nicht. Die beiden Landwirte bringen diese Voraussetzungen mit. Aber: Der eine hat großteils Eigenflächen, der andere bewirtschaftet mehr gepachtete als eigene Flächen. Das nächste Kriterium ist die Arbeitsausstattung: Ein Betriebsleiter trägt alle Arbeit und Last allein. Auf dem anderen Betrieb arbeiten mehrere Generationen zusammen. Der Betriebsleiter hat viele handwerklich begabte Freunde, die ihn jederzeit unterstützen. Dann gibt es Bauern, die entscheiden sich für Fertigbauweise. Allerdings bringt das Schwein am Ende nicht so viel Geld, um die Finanzierung von Fertigställen zu stemmen. Meiner Meinung nach macht nur noch Bauen in Eigenregie Sinn. Ich kenne selbst gebaute Ställe, die sehen gleich aus wie solche in Fertigbauweise, kosten aber nur die Hälfte. Ein weiteres Zukunftskriterium sind Emissionen: Wer nicht genug Abstand zu Nachbarn oder Naturschutzgebieten hat, hat schlechte Karten.

Es soll noch Landwirte geben, die Vollspaltenställe bauen möchten. Was sagen Sie dazu?

Manche denken noch immer, Tierwohl wäre eine vorübergehende Erscheinung. Wilhelm II. sagte kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, das Auto wäre eine vorübergehende Erscheinung, er glaube an die Pferde. Es gibt eben Menschen, die sind nicht vorwärts- sondern rückwärtsgewandt. Nur: Solche Menschen haben in der Schweinebranche keine Chance mehr! Gleiches gilt für das Schwanzkupieren. Der Schwanz signalisiert, ob Fütterung, Tiergesundheit und Stallklima in Ordnung sind. Wenn meine Warnlichter im Auto aufleuchten, weiß ich, ich muss mal nachschauen, woran es hakt. Bauern, die denken: ´Das brauchen wir nicht´, werden über kurz oder lang aus dem Karussell fliegen.

Aber: Wie sollen die Bauern hohe Haltungsansprüche und möglichst billige Erzeugung unter einen Hut bringen?

Deutschland und Österreich sind Hochpreisländer. Wir können aufgrund unserer hohen Bau- und Arbeitskosten, Tierschutz- und Umweltauflagen einfach nicht billig produzieren. Deshalb muss die Qualität stimmen. Der Kunde muss wiederkommen und sagen: ,Dieses heimische Fleisch möchte ich.‘ Aber genau das haben wir in den letzten 50 Jahren vergeigt.

Was der Artikel noch bereithält:

  • Weg vom Billigmacher-Image, aber wie?
  • Für wen es sich lohnt, mit Schweinen weiterzumachen
  • Günstige Eigenbaulösungen für zukunftsfitte Schweineställe

 

 

 

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