Bauernsprecher Hans MeisterNachtarbeiten in der Landwirtschaft

Nachtarbeiten in der Landwirtschaft

Die Betriebe werden größer und damit auch der Arbeitsumfang. Manche Arbeiten in der Landwirtschaft dauern bis in die Nacht und vielleicht auch länger als vorgesehen. So ist es auch Landwirt G. aus Tirol ergangen. Er wollte seinen ersten Schnitt noch vor dem vorhergesagten Wetterumschwung einbringen und brachte seine Ernte bis 3 Uhr früh in den Fahrsilo. Der Nachbar fühlte sich in seiner Nachtruhe gestört und zeigte ihn an. Es folgten ein Erstgutachten der Agrarbezirksbehörde, Gegengutachten und ein mehrjähriges Behörden- und Rechtsverfahren, bis der Fall beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) landete. Landwirt G. stützte sich dabei auf das Tiroler Polizeigesetz (TLPG): „Schutz vor Störungen durch Lärm“ in dem es in § 5 Absatz 3 heißt:
„Durch die Bestimmungen dieses Abschnittes werden Tätigkeiten im Rahmen der jeweils üblichen Wirtschaftsführung in der Land- und Forstwirtschaft nicht berührt.“

Ähnliche, allgemein formulierte Ausnahmebestimmungen für die Landwirtschaft gibt es auch in anderen Bundesländern. Die Revision von Landwirt G. wurde abgewiesen. In seiner Entscheidung zum oben dargestellten Fall präzisierte der VwGH 2018 seine Sicht zur Ausnahmebestimmung der Landwirtschaft in §5 Absatz3 TLPG und gibt Leitlinien vor. Diese gelten für ganz Österreich und als Landwirt sollte man sie sich vor Saisonstart in Erinnerung rufen.

Der Verwaltungsgerichtshof hält grundsätzlich fest:

  • Lärm ist dann störend, wenn er wegen seiner Art und/oder seiner Intensität geeignet ist, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu stören, wobei die Erfahrungen des täglichen Lebens ausreichen, dies zu beurteilen. Entscheidend ist, dass die Lärmerregung nach einem objektiven Maßstab geeignet erscheint, von nicht beteiligten Personen als ungebührlich und störend empfunden zu werden. Dies gilt insbesondere für den Zeitraum von 22 Uhr in der
    Nacht bis 6 Uhr in der Früh.
  • Für die Zeit, für die nach allgemeinem Brauch Anspruch auf Ruhe besteht, sind Tätigkeiten, die störenden und ungebührlichen Lärm bewirken, grundsätzlich zu unterlassen. Der objektive Maßstab ist unter Zugrundelegung der tatsächlichen Gegebenheiten in jedem Fall nach seinen konkreten Begleitumständen und nicht etwa bloß nach Ö-Normen und Flächenwidmungen zu finden.
  • Tätigkeiten (in der Nacht) im Rahmen der Betriebsführung sind derart nur so weit erlaubt, soweit sie bei Anlegen eines objektiven Maßstabes durch Maßnahmen der Planung und Organisation der betrieblichen Tätigkeiten nicht vermeidbar sind.

Nachtarbeit in der Landwirtschaft – was heißt das für den Landwirt?

Zusammengefasst heißt das, es gibt keine allgemeinen Ausnahmen für die Nachtarbeit für die Landwirtschaft. Jeder Fall muss gesondert, nach objektiven Kriterien – auch des betrieblichen Managements – beurteilt werden. Das ist eine wesentliche rechtliche Schwächung gegenüber dem ursprünglichen Status und macht Landwirte rechtlich leichter angreifbar. Das öffnet ein Tor für mehr Nachbarschaftsstreitigkeiten. Aber außer den Betroffenen scheint das niemanden zu stören.

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