Bauernsprecher Hans MeisterWarum müssen wir immer konkurrenzfähig sein

Warum müssen wir immer konkurrenzfähig sein

In einem gesättigten Markt muss ein Konkurrent so lange bedrängt werden, bis er aufgibt. Klassisch wird das als Verdrängungswettbewerb beschrieben. Aber was dann, wenn wir uns alle zu Tode konkurrenziert haben? Wenn wir so lange verdrängen, bis in jeder Branche immer weniger überleben? Wenn nur noch einige wenige Monopolisten das Sagen haben, was wird dann besser? Stellen Sie sich vor, irgendeine Instanz verfügt, wir alle müssen streitfähig sein. Deshalb hat sich jeder gegenüber seinem Nachbarn durchzusetzen. Streitfähig zu sein ist plötzlich ein hoher gesellschaftspolitischer Wert. Jeder ist aufgefordert, sich mit seinem Nachbarn anzulegen, bis sich auch die friedliebendsten in die Haare geraten. Die meisten würden sich fragen: Was soll der Unsinn? Wohin soll das führen? Bezüglich Konkurrenzfähigkeit aber erhebt kaum jemand seine Stimme. Warum eigentlich? Wahrscheinlich, weil wir uns insgeheim doch einen kleinen persönlichen Vorteil in Form der Konkurrenzausschaltung als Unternehmer beziehungsweise niedrigere Einkaufspreise als Konsument davon erhoffen?

Ökonomisch bedeutet Konkurrenzfähigkeit, etwas so billig herstellen oder betreiben zu können, wie der derzeit billigste am Markt. Das gilt nicht nur für Produkte, sondern auch für jede Dienstleistung. Billig, billiger, am billigsten geht immer auf Kosten von Qualität. Das billigste Flugunternehmen, die billigsten Lehrer, die billigsten Spitäler, die billigsten Lebensmittel. Die Auswirkungen dieses Wettbewerbsdruckes sehen und spüren wir überall: in der Landwirtschaft, in unsozialen Arbeitsverhältnissen, an Arbeitsüberlastung, an schlampig hergestellten Industrieprodukten, an zunehmenden psychischen Erkrankungen. Irgendjemand bezahlt immer den Preis. Wir konkurrenzieren so lange, bis wir uns am Ende uns selbst nicht mehr leisten können: nieder mit den Pensionen, weg mit der kostenlosen Gesundheitsversorgung, Schluss mit freien Schulfahrten, Reduktion der landwirtschaftlichen Ausgleichszahlungen.

Wettbewerbsfähig sein heißt, ich muss mich mit dem anderen messen und der andere muss sich mit mir matchen. Damit sind wir alle beschäftigt und abgelenkt und raufen untereinander, derweilen die Anstifter, unvernünftige Politik und nimmer sattes Großkapital die wirklich großen Geschäfte erledigen: neue Gesetze zu ihren Gunsten einführen, die Steuern erhöhen und druckfrische Vergleiche erstellen, die uns beweisen sollen, dass wir noch härter arbeiten und noch höhere Steuern abführen müssen und dass wir noch effizienter unser Tagwerk zu erledigen haben. Und natürlich ist das alles zu unserem eigenen Wohle. So wird uns das verkauft. Es wird so lange verglichen, vermessen und gewogen bis die täglichen Sieger und Verlierer feststehen, die man dann in irgendwelchen Vergleichstabellen herzeigt. Dadurch kehrt nie Ruhe ein. Alle sind in permanenter Aufregung und Sorge, wie lange sie diesen mörderischen Wettbewerb noch aushalten werden. Was ist das für ein Leben, sich ständig zu bekämpfen, statt die unterschiedlichen Kräfte und Talente zu bündeln und zusammenzuarbeiten? Das würde die Lebensqualität dauerhaft steigern und den ökonomischen Fortschritt beleben. Es gäbe weniger Gegeneinander und mehr Füreinander. Weniger einsam und mehr gemeinsam. Aber genau das darf nicht passieren. Das würde zu einer gewissen Zufriedenheit führen. Zufriedenheit ist aber Gift für das Geschäft, ganz schlecht für die Rendite und die Antreiber. Zufriedene Menschen neigen nicht zur Selbstausbeutung und sind weniger konsumwillig. Deshalb müssen wir immer konkurrenzfähig sein, damit wir steuerbar bleiben.

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