Wie kann man immer mehr Leistung einfordern, wenn auf der anderen Seite immer weniger soziale Gerechtigkeit zu erwarten ist? Wie kann man immer billiger produzieren, wenn man als Betrieb mit seiner Familie überleben will?
Wer kein Licht im Tunnel sieht, wird dem Licht nicht zustreben. Dazu braucht es über die die alltäglichen Bedürfnisse deckenden Versprechungen hinausgehende Anreize, um Leistungserfolge und das damit einhergehende Gefühl von Gerechtigkeit erlebbar zu machen. Zumal, wenn auf der einen Seite der Abstand zwischen Arbeitsund Sozialleistung geringer und andererseits der finanzielle Unterschied zwischen den Leistungsträgern immer größer wird. Wenn dort Regionen überquellen und da ausgedünnt zurückbleiben.
Wozu ständig mehr leisten, wenn die Leistung nichts mehr leistet? Bei immer mehr Menschen verfestigt sich der Eindruck, dass ihre Leistung nicht mehr entsprechend honoriert wird. Unserer Gesellschaft fehlen Maß und Ziel. Die Fahrt zum Flughafen kostet mehr als der Flug. Das System „billig, billiger, am billigsten“ hat seinen Preis. Was am Ende nicht kosten darf, was es kostet, führt zur Ausbeutung aller an der Leistungsherstellung Beteiligten.
Permanenter Konkurrenzkampf und der Druck immer effizienter zu werden führen zu Überforderung und Erschöpfung des einzelnen. Sie verführen aber in letzter Konsequenz auch ganze Wirtschaftssektoren zu Gesetzesbruch und Betrug. Siehe VW-Abgasskandal, Doping im Sport, bis hin zu immer diffuseren Bankenspekulationen mit wertlosen Zertifikaten.
Lohnt sich Leistung noch?
Gleichzeitig füllen sich vermeintliche Leistungseliten die Taschen mit exorbitant hohen Gehältern und Bonifikationen gespeist aus eben diesen Spekulationen und gesetzlich – also politisch – legalisierten Steuerschlupflöchern. Andererseits verkommen die Anstrengungen von Millionen Menschen, die täglich ihre Leistung erbringen, zur erwarteten Pflichterfüllung, belohnt mit Mindestlohn und Minipreisen für ihre Produkte.
Die Frage „Lohnt sich Leistung noch?“ wird lauter. Steuern und Abgaben für den Normalbürger steigen. Überforderung, Frust und auch Aggression nehmen zu. Auch, weil auf Nachfrage von den Eliten aus Politik und Wirtschaft immer öfter mitgeteilt wird, dass wir uns eigentlich uns selbst nicht mehr leisten können: unsere Schulen, unsere Spitäler am Land, unsere Lebensmittelpreise, unsere Pensionen und überhaupt. Alles ist zu teuer. Darin schwingt die Tröstung der Begünstigten mit: „Seid froh mit dem, was ihr habt, und seid zufrieden damit.“ Die Leistungsgesellschaft strauchelt über ihre eigenen Leistungsansprüche.
Wohlstand für wen?
Was nützen hohes Wirtschaftswachstum und sprudelnde Steuereinnahmen, wenn der Normalbürger davon nichts spürt? Über Leistung soll Wohlstand generiert werden. Wohlstand in seiner Ursprünglichkeit bedeutet Wohlergehen, sich in seiner Lebenswelt wohlzufühlen. Dazu gehört ganz wesentlich auch das Gefühl gerecht behandelt und mit seinen Problemen ernst genommen und gehört zu werden.
Aber Leistung, die im Empfinden des Einzelnen immer weniger leistet, wirft Fragen auf. Immer schneller, immer besser, immer effizienter – zum Wohle von wem?
Wohlstand funktioniert nicht wie eine Sämaschine, die ihre Gaben gleichmäßig und gerecht über das Feld der Erwartungen verteilt. Im Gegenteil. Es ist das Unglück der Mehrzahl der heutigen Wettbewerbsteilnehmer, dass der unkontrollierte Wirtschaftsliberalismus die Reichen begünstigt und reicher macht, die Schwachen aber benachteiligt und ärmer hinterlässt. Das schürt die Angst abgehängt zu werden und verbreitet das Gefühl ohne Hoffnung auf Verbesserung zu sein.
Es braucht wieder das Augenmaß, den Mut und den Weitblick, alle gerecht am Leistungserfolg teilhaben zu lassen.
Ihnen allen ein gesundes, glückvolles neues Jahr!
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